Robert Merrill

1917 - 2004

Robert Merrill war »der andere« Bariton der New Yorker Metropolitan Opera neben Leonard Warren: Seine Stimme war schöner, vielleicht aber auch weniger ausdrucksstark als jene des Konkurrenten. Entdeckt wurde Merrill, der zuvor bereits an der Seite des legendären Met-Tenors Giovanni Martinelle aufgetreten war, von Arturo Toscanini, der ihn in einer Radiosendung mit Di provenza aus Vedis Traviata hörte und entschied: Mit diesem Bariton wird La traviata unter seiner Leitung auf Sendung gehen. Tatsächlich bereitete der Maestro den blutjungen Sänger höchstpersönlich auf die Rolle des alternden Herren vor und Merrill sang den Vater Germont an der Seite von Licia Albanese und Jan Peerce anläßlich der US-weiten Rundfunkübertragung der New Yorker Aufführung im Dezember 1946. Das war für die Popularität des Baritons mindestens so bedeutsam wie die Tatsache, daß er Jahr für Jahr die Nationalhymne anläßlich der Eröffnung der Baseball-Saison im Stadion der New York Yankees sang.

Derartige Zusatzengagements seiner Sänger schätzte der gestrenge Met-Intendant Rudolf Bing nicht sonderlich. Er zögerte auch keinen Moment lang, den Bariton trotz seiner Qualitäten aus seinem Vertrag zu entlassen, als der es einmal zu weit getrieben hatte:

Zu Anfang der Spielzeit 1951/52 gehörte Robert Merrill nicht zum Ensemble der Metropolitan. Ich hatte ihn suspendiert, weil er seine vertraglichen Verinbarugnen für die Frühjahrstournee nicht erfüllt hatte. Stattdessen war er nach Hollywood gegangen, um durch seine Mitwirkung in einem film mit dem scnönen Titel »Aaron Slick from Pumkin Crick« zur Bereicherung des nationalen Kulturguts beizutragen.
Der Sänger mußte sich förmlich entschuldigen - und sang bis zu seinem Ausscheiden aus dem Verband der Met dann 788 Vorstellungen (im Stammhaus und auf Met-Tournee). In späten Jahren war Merrill auch am Broadway zu erleben: 500 Mal war er zwischen 1970 und 1974 Tevje, der Milchmann in Fiddler on the Roof.

Das Met-Publikum liebte Merrill und bewertete vor allem die gemeinsamen Auftritte mit dem Tenorkollegen Jussi Björling als besondere Feste. Die Duett-Platte der beiden Künstler wurde ein Bestseller.



DA CAPO