Renée Fleming
Eine Audiokassette hat Georg Solti überzeugt!
Interview, August 1997
Renée Fleming erzählt im Gespräch, wie sie mit einer privaten Tonaufnahme Karriere gemacht hat.
»Er hat mich auf einer Kassette gehört«, sagt Renee Fleming auf die Frage, wie es zu der für ihre Karriere vielleicht entscheidenden Begegnung mit Sir Georg Solti kam. Der Doyen der internationalen Dirigenten schwört mittlerweile auf die voll tönende, im lyrischen wie im jugendlich dramatischen Fach gleichermaßen überzeugende Sopranstimme der Amerikanerin, verlangt sie, wo immer es geht, für Bühnenaufführungen und Plattenproduktionen. Er hat sogar eine CD mit Opernausschnitten höchstselbst begleitet - »eine besondere Ehre für mich«, kommentiert die dieserart geadelte Künstlerin, »denn für mich hat er sogar erstmals den Schluß von Richard Strauss' Daphne einstudiert«.
Außerdem im Repertoire dieser Präsentations-Aufnahme: Tschaikowskys "Eugen Onegin", Dvoraks "Rusalka", Mozarts "Figaro". Die Spannweite der jungen Sängerin ist enorm. Das haben auch die Kritiker anläßlich des Salzburger Liederabends bemerkt und Renee Fleming sogleich für die Opernproduktionen der Festspiele urgiert. Die Einladung ist bereits erfolgt. 1999 wird die Künstlerin in einer Mozart-Premiere auf der Bühne stehen. Salzburg ist übrigens kein Neuland für sie: »Ich habe ja hier eigentlich begonnen«, erinnert sie sich an Pionierjahre, wo sie im Ensemble des Salzburger Landestheaters als Gast die Konstanze singen durfte. »Dann habe ich in Amerika wieder weiterstudiert«.
Auch in Wien war sie bereits als Donna Anna und Figaro-Gräfin zu Gast. Derzeit herrscht Funkstille, was, wie Renee Fleming erklärt, nicht an mangelnder Gesprächsbereitschaft von Seiten der Wiener Direktion liege, sondern am Terminkalender: »Ich bin bis 2001 ausgebucht. Außerdem wohne ich in New York, habe zwei kleine Kinder und mag nicht wegen einigen Aufführungen innerhalb zweier Wochen nach Europa kommen. Und die amerikanischen Häuser, die bei mir sozusagen um die Ecke erreichbar sind, planen viel früher als die europäischen.«
In Zukunft mehr Lieder
Ganz abnabeln wird sich Renee Fleming jedoch vom alten Kontinent nicht: »Ich denke vor allem gern daran, daß ich in Frankfurt Liedgesang studiert habe, bei Robert Holl und Elisabeth Schwarzkopf. Und ich möchte in Zukunft viel mehr Lieder singen, nicht mich so auf die Opernbühne beschränken wie bisher.«
Auch was die Stücke anlangt, in denen sie auftritt, will die Sängerin jede Einseitigkeit vermeiden. Wer staunt, wie gut sie Dvoraks "Rusalka" auf Tschechisch bewältigt, entdeckt noch eine weitere Europa-Bindung: »Meine Großeltern waren aus Prag und haben daheim auch immer Tschechisch geredet. Da habe ich den Klang der Sprache mitbekommen. Ich mag überhaupt Sprachen, ob Italienisch oder Russisch.« Deutsch spricht sie jedenfalls perfekt.
Zum Singen verlegt sich die Künstlerin derzeit am liebsten aufs Französische: »Unlängst habe ich Manon mit Richard Leech in Paris gesungen. Ich glaube, das französische Repertoire ist am besten für meine Stimme. Ich liebe es, pianissimo zu singen, dann aber braucht meine Stimme wieder Gelegenheit, sich zu entfalten. Genau für diese Mischung hat Massenet komponiert.«
Schon hat die junge Sopranistin die Marschallin im "Rosenkavalier" gesungen, »und die Arabella, die ich mit Christoph Eschenbach in Houston erarbeitet habe. Wir haben gemeinsam in Houston debütiert und er ist einer der wunderbarsten Künstler, um Stücke genau und einfühlsam einzustudieren. Deshalb habe ich die Marschallin mit ihm erarbeitet, die Arabella und verschiedene Liedprogramme. Es ist wunderbar, wenn ein Dirigent auch ein hervorragender Pianist ist und selbst begleiten kann!«
Gelernt hat die Amerikanerin aber auch - wenn auch nur als Zuhörerin - von Kollegen aus dem Jazz-Bereich: »Da gibt es viel mehr Berührungspunkte, als die Leute glauben. Und die Fähigkeit zur Improvisation brauchen Sängerinnen zum Beispiel für das Belcantofach.« Renee Fleming also beispielsweise für die "Lucrezia Borgia", die an der Mailänder Scala von ihr verlangt wird.
↑DA CAPO