Maria CEBOTARI

1910 - 1949

Ein grausames Schicksal hat diese Künstlerin 39-jährig aus dem Leben gerissen. Sie war eine der großen Ausnahmeerscheinungen der Opernwelt um die Mitte des XX. Jahrhunderts. Die leuchtend helle, schöne Sopranstimme taugte für lyrische Partien ebenso wie sie hochdramatischen Anforderungen standhielt, etwa Puccinis Turandot oder Richard Strauss' Salome.

Cebotari stammte aus Kischinew und lebte in Wien. Sie war russischer Abstammung und debütierte in Moskau kurz vor Ausbruch der Revolutionswirren als Schauspielerin.
1929 wechselte sie nach einer Gesangsausbildung in Berlin auf die Opernbühne.

Die Karriere der Künstlerin verlief ungemein rasch. Fritz Busch entdeckte das Talent und integrierte die Sängerin bereits 1931 ins Ensemble der Dresdner Staatsoper, wo sie sich mit der Mimi in Puccinis Boheme vorstellte.

Schon dieses Debüt wurde als Sensation gefeiert. 1935 war die Cebotarie bereits Ensemblemitglied der Berliner, nach dem Zweiten Weltkrieg der Wiener Staatsoper. Sie wurde bei Gastspielen auch in England und den USA gefeiert. Tenor-Kollege Benjamino Gigli beschied ihr »die schönste Stimme«, die er »je gehört« hätte...

Salzburger Festspiele

Schon im Jahr ihres Debüts in Dresden stand die Cebotari als Armor in Glucks Orpheus und als Erster Knabe in der Zauberflöte erstmals auch bei den Salzburger Festspielen auf der Bühne. Dort brillierte sie in der Folge in so unterschiedlichen Rollen wie der Figaro-Gräfin und der Sophie im Rosenkavalier (1938), der KOnstanze in Die Entführung aus dem Serail unter Karl Böhm (1939) und - unmittelbar nach dem Krieg - unter Felix Prohaska (1945). Anläßlich der Uraufführung von Gottfried von Einems Dantons Tod, 1947, gab sie die Lucille.

In der legendären Premiere des Gluck'schen Orpheus von 1948 unter Herbert von Karajan war sie dann an der Seite von Kathleen Ferrier die Eurydike.

Ihre Mozart- und (vom Komponisten sehr geschätzten) Richard-Strauss-Interpretationen sind legendär.
In der Dresdner Uraufführung von Strauss' »Die schweigsame Frau« war sie die Aminta - woraufhin sie die der Komponist wärmsten für Berlin empfahl. Für diese Sängerin war Strauss auch bereit, in die Instrumentierung seiner »Salome« einzugreifen und stellte eine reduzierte Fassung »nur für die Cebotari« her, um sie als ideale Darstellerin nicht in ihren stimmlichen Mitteln zu überfordern.
Zur gleichen Zeit konnte die wendige Künstlerin aber auch Mozarts »Figaro«-Gräfin und die Violetta in Verdis »Traviata« singen.
Herbert von Karajan wiederum nannte sie in einem Interview die »größte Madame Butterfly«, seines Lebens.

Madame Butterfly

(Preiser)

Ihre blendende Erscheinung prädestinierte Cebotari auch für den Film, was ihre Popularität noch enorm steigerte.
Daß die Künstlerin in jungen Jahren an Leukämie starb, nährte unmittelbar nach ihrem Tod, der auch von einer unglücklichen Liebesgeschichte überschattet war, die Legendenbildung. Der beiden Kinder Maria Cebotaris nahm sich der Pianist Clifford Curzon an.

Lebendiges Musiktheater

Was von Maria Cebotari an Aufnahmen erhalten ist, verrät, was die Zeitgenossen an ihrem Gesang fesselte: sinnliche Leuchtkraft, emotionales Engagement, Eigenschaften, die alle technischen Bedenken, etwa den hie und da doch etwas unsteten Ton, auch einige keineswegs perfekten Koloraturen (etwa in Donna Annas Non mi dir (»Don Giovanni«) vergessen machen.
Das Dove sono der »Figaro«-Gräfin singt sie im Andantino mit samtweichen Phrasen und großem Gefühl, im Allegro sinnlich-kraftvoll und bestimmt, eine psychologische Szene.
Das Or sai chi l'onore der Donna Anna aus »Don Giovanni« entwickelt sich bei aller emotioneller Aufgeladenheit aus einer zunächst oppressiven Stimmung - Don Giovanni ist ja gerade eben erst um die Ecke gebogen! - zum selbstvergessenen Furor; die jäh ins piano zurückgenommenen Schlußtakte des Orchesters werden erst in einer solche, die ganze Situation umfassenden Interpretation verständlich.

Wie unmittelbar packend Oper in jener Ära auf das Publikum wirken konnte, läßt sich an Aufnahme-Fragmenten studieren, wie sich etwa eines von der zentralen Szene aus Richard Strauss' Feuersnot erhalten hat.
Wiewohl im Studio produziert, feuert Arthur Rother hier das Orchester zu theatralischen, lodernden Klängen an. Karl Schmitt-Walters Kunrad läßt die erotische Faszination deutlich werden, die von der schönen Diemut auf ihn ausgeht - und die, gesungen von der Cebotari, absolviert nicht nur ihre Auftrittsszene mit leuchtend-heller Klarheit, sondern entpuppt sich im Duett auch als rechtes Trotzbinkerl, ehe sie zum Schein auf Kunrads Werbung eingeht ...


↑DA CAPO