Olaf BAER
* 1958
Olaf Baer stand schon als Dreijähriger auf der Bühne: In Aufführungen von Puccinis Madame Butterfly spielte er die stumme Rolle von Butterflys Kind - wobei die Aufführungen in Radebeul damals von Klaus Tennstedt dirigiert wurden.
Schon mit vier erhielt Baer Klavierunterricht. Seine Stimme wurde für den Dresdner Kreuzchor entdeckt. Sein Knabensopran ist unter anderem in einer Aufnahme von Mozarts Zauberflöte zu hören.
Während seiner regulären Gesangsausbildung in Dresden gewann Baer den Wettbewerb von Karlsbad und erhielt das Mendelssohn-Stipendium.
Die Behörden der DDR gewährten ihm erstaunlich großzügig Reisefreiheit, sodaß sich eine internationale Karriere anschließen konnte.
Schallplattenvertrag
Ein Liederabend in der Londoner Wigmore Hall brachte den Exklusivvertrag mit dem Label EMI, für das in der Folge 18 Solo-Alben entstanden, die meisten mit dem Pianisten Gedoffrey Parsons. Sie weisen Baer als einen der feinsinnigsten Lied-Interpreten seiner Generation aus.
Sinkende Plattenverkäufe führten aber zur Kündigung des Vertrags, bevor eines der spanndensten Projekte des Künstlers ausgeführt werden konnte: 1998 wollte Baer mit Einspielungen von Liedern von Joseph Marx und Franz Schreker eine Repertoirelücke schließen.
Die Aufnahme kam nicht mehr zustande.
Stimmkrise
Baers eigenwillige Gesangstechnik, die den Ton mit viel Druck bildete, führte zu einer Stimmkrise, die nur mittels zweijähriger Trainingsphase überwunden werden konnte. Die psychologischen Folgen dieses Karriereknicks waren nicht so leicht zu bewältigen. Die frühere Erfolgsserie ließ sich nicht mehr wieder aufnehmen.
Einige von Baers frühen Lied-Aufnahmen wurden von der Kritik enthusiastisch gefeiert.
Doch auch auf späteren Aufnahmen erweist sich Baer als kluger Gestalter, der starke sprachliche Nuancierungen und Charakterisierungen in den Melodiefluß einzubinden weiß. Mit Jan Začek brachte er 2007 (bei Musicaphon) eine Sammlung von → Liedern zu Gitarre-Begleitung heraus, die nebst Schubert auch Werke von Weber und Spohr enthält und einen guten Eindruck von der Aufführungspraxis im Biedermeier gibt.
Apropos: Im Verein mit Juliane Banse brachte Baer noch als EMI-Künstler eine eine Schumann-CD mit Liedern und Duetten heraus.
Die Klarheit der Artikulation, die manche Kommentatoren auch als allzu große Freiheit gegenüber der melodischen Linienführung bezeichneten, machte Baer zu einem exzellenten Gestalter von Opernpartien im Studio, wenn es galt, fehlende Optik durch akustische Reize zu ersetzen. In Georg Soltis auch in den Rezitativen lebendig »inszenierter« Aufnahme von Mozarts Così fan tutte gibt Baer eloquent den Guglielmo.
In Beethovens Zyklus An die ferne Geliebte erreicht Baer tatsächlich eine beeindruckende Gefühlsdichte. Die Beethoven-CD entstand noch in den ersten Jahren der Schallplatten-Karriere des Künstlers an der Seite von Geoffrey Parsons (1929- 1995).