Gabriel Baquier
1924 - 2020
Er war gewiss nicht der notorische französische Stilist mit dem Hang zur makellos geformten Gesangslinie. Aber er konnte Bühnenfiguren mit stimmlichen Mitteln plastisch werden lassen, auch wenn er im Schallplattenstudio stand, wenn er also nicht szenisch, sondern nur vokal „agierte“: Gabriel Bacquier war einer der großen Gesangskünstler seiner Zeit.
Geboren in Béziers, arbeitete er zunächst als Angestellter in der Privatwirtschaft, um sich sein Gesangsstudium am Pariser Conservatoire zu finanzieren.
Dort erreichte er bei seinem Abschluss die Bestnote und debütierte noch im gleichen Jahr in Nizza. 1953 war er Rossinis Figaro in Brüssel, wo er sich als Ensemblemitglied sein Repertoire erarbeitete.
Ab 1956 war Bacquier einer der führenden Sänger an beiden Pariser Opernhäusern, konnte sein komödiantisches Talent an der Opéra Comique ebenso wie seine bis in dämonische Bereiche beeindruckende dramatische Kunst im Palais Garnier demonstrieren.
Maßstabseetzend wurden seine hintergründige Interpretation des „Figaro“-Grafen (auf Platte festgehalten unter Otto Klemperer) wie seine „Bösewichte“ in Offenbachs „Hoffmanns Erzählungen“ oder der Golo in Debssys „Pelleas und Melisande“.
Singulär geriet das vokale Zusammenspiel mit Nikolai Ghiaurov in der Aufnahme von Massenets „Don Quichotte“, ein Schallplatten-Klassiker auch Dank Bacquiers einfühlsamen Seelenportrait des Sancho Panza.