Emmanuel Tjeknavorian
Ein »Rising Star«, hervorgegangen aus der Talenteschmiede von Gerhard Schulz in Wien.
Temperament, ein Gefühl für leuchtende Klangentfaltung und eminente rhythmische Feinnervigkeit zeichnen sein Spiel aus.
Dass er aus einem Musikerhaushalt stammt, darf man anhand seiner ersten Orchester-CD überprüfen: Tjeknavorians Vater Loris ist ein exzellenter Dirigent und komponiert auch.
So konnte Emmanuel seine Aufnahme des viel gespielten Sibelius-Violinkonzerts mit der Ersteinspielung des Konzerts aus der Feder seines Vaters kombinieren, was diese CD für Sammler nicht nur wegen der Interpretationen durch den jungen Solisten interessant macht.
Loris Tjeknavorians Violinkonzert ist durchaus eine Bereicherung des Repertoires, steht überdies ganz in der Tradition der romantischen Solokonzerte und verrät, woher die Familie stammt: Ganz unverhohlen knüpft der Komponist an das Vorbild Aram Katschaturian an. Schon der Einstieg in den ersten Satz klingt wie ein gezähmter Widerhall von dessen wilden Ballettmusiken. Armenische Volksmusik steht hier wie dort Pate.
Entsprechend tänzerisch beschwingt gehen Geiger und Orchester – die Musiker des Hessischen Rundfunks, Frankfurt, unter Pablo González – ans Werk. Die große Solokadenz gegen Ende des Eingangs-Allegros lässt dann (etwas experimenteller im Klang als die übrige, durchwegs spätromantisch getönte Musik) die Violinfarben schimmern und leuchten.
Ein stiller, melancholisch-verträumter Gesang steht inmitten des Werks, das mit einem Allegro con spirito dann so geistvoll schließt, wie die Vortragsbezeichnung erhoffen lässt, und zündend genug, um die nötige Balance mit dem energetischen Kopfsatz herzustellen.
Hell leuchtende Töne
Sibelius dann als Erinnerung daran, dass der Geiger beim Sibelius-Wettbewerb 2015 gleich zwei Preise einheimsen konnte. War die Aufnahme des Tjeknavorian-Konzerts eine Studioproduktion, wurde diese Wiedergabe live mitgeschnitten bei Tjeknavorians Debüt in Frankfurt. Da hatte der Geiger den nötigen großen Atem für die weit gewölbten Formbögen in den ersten beiden Sätzen.
Was für Tjeknavorians Musik zunächst vor allem an Leichtigkeit und Spritzigkeit aufgeboten war, wandelt sich hier in einen satt leuchtenden melodischen Strom, ohne dass die geigerische Leichtigkeit und der für Emmanuel Tjeknavorian charakteristische, helle Ton verloren ginge. Der wird nirgends durch künstliches Espressivo eingedunkelt.
Die technisch tückischen Momente im Finalsatz meistert Tejknavorian ohne Federlesens. Die Terzparallelen kommen geradezu nonchalant daher.
Als Zugabe gibt es auf dieser gelungenen Debüt-CD ein improvisatorisch-versonnenes Solo aus der Feder des armenischen Priester-Komponisten Komitas Vardapet (1869–1935): noch eine Entdeckung, ebenfalls als Livemitschnitt.