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Szymon Goldberg

1909 - 1993

Geboren im heutigen Polen (damals gehörte Leslau an der Weichsel zum Russischen Reich), gelangte der ungemein talentierte junge Geiger schon vor seinem zehnten Geburtstag nach Berlin, wo ihn Carl Flesch unter seine Fittiche nahm. Als Teenager wurde Goldberg bereits Konzertmeister der Dresdner Philharmonie, ehe ihn Wilhelm Furtwängler ans erste Pult der Berliner Philharmoniker holte. Da war Goldberg als Solist bereits renommiert und engagierte sich als Kammermusiker nicht nur für das klassische Repertoire, sonern auch für Zeitgenössisches:

Mit Paul Hindemith und Emanuel Feuermann bildete er ein Streichtrio, von dem unter anderem eine ausdrucksstarke Aufnahme von Hindemiths Streichtrio (1934) (gekoppelt mit Beethovens lockerer Serenade op. 8) existiert.

Furtwänglers Bemühungen, für Goldberg, mit dem er kurz vor der Machtübernahme durch die Hitler-Partie noch das Beethoven-Konzert in Berlin aufgeführt hatte, eine Ausnahmegenehmigung zu erhalten fruchteten nichts. Als Jude erhielt der Geiger Auftrittsverbot im NS-Reich und mußte emigrieren.

Zunächst unterrichtete er in Artur Schnabels Hochbegabten-Akademie am Comosee und ging dann mit der Pianistin Lili Kraus, mit der er Ende der Dreißigerjahre die Mozart- und Beethoven-Sonate für Schallplatten aufnahm, auf Reisen.

Das mit Deutschland verbündete Japan nahm den Geiger während einer Asien-Tournee unter einem fadenscheinigen Vorwand fest und setzte ihn auf der Insel Java für drei Jahre gefangen.

Erst nach Ende des Zweiten Weltkriegs kam Goldberg wieder frei und konnte - dann als amerikanischer Staatsbürger - an seine früheren Erfolge anknüpfen. Seine Meisterkurse an diversen amerikanischen Hochschulen wurden zu begehrten Treffpunkten für den Geigernachwuchs. Mit Dirigenten wie Eduard van Beinum machte Goldberg beachtenswerte Aufnahmen - so stammt das vermutlich unsentimentalste, dramatischste Mendelssohn-Konzert, das es auf Tonträgern gibt von diesen beiden Künstlern - aufgenommen in Amsterdam und dank des unverwechselbaren, oft äußerst gradlinig-vibratoarmen Goldberg-Tons einer der unverzichtbaren Aufnahme-Klassiker.

Holland war für Goldberg ab den Fünfzigerjahren eine zweite Heimat. Das von ihm gegründete Nederlands Kamerorkest leitete er mehr als zwei Jahrzehnte lang. Mit diesem Klangkörper entstanden Aufnahmen von zentralen Werken des Barock und der Wiener Klassik von Bachs Brandenburgischen Konzerten bis zu Haydns Pariser Symphonien. Als Kammermusiker ging Goldberg vor allem für das Label RCA und Brunswick mit Partnern wie William Primrose und dem Pianisten Artur Balsam ins Aufnahmestudio.

Die Mozart-Violinsonaten nahm er mit dem Pianisten Radu Lupu im Stereo-Zeitalter noch einmal auf (Decca). Seine letzten Jahre verbrachte der Künstler an der Seite seiner jüngeren Ehefrau Miyoko in deren Heimat Japan, wo man ihn zum Chefdirigenten des New Japan Philharmonic Orchestra machte. Goldberg starb 1993 in Toyama.

↑DA CAPO