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Willi Boskovsky

1909 - 1980

Boskovsky wirkte ab 1935 als Professor an der Wiener Musik-Akademie und wurde 1939 Konzertmeister der Wiener Philharmoniker. Als Kammermusiker arbeitete er mit eigenen Ensembles, gründete 1948 das Wiener Oktett und nahm in dieser Konstellation zahlreichen Schallplatten auf.

25 Jahre »Neujahrskonzert«

Berühmt wurde er als geigender Dirigent des traditionellen Neujahrskonzerts der Wiener Philharmoniker, das er zunächst als Einspringer nach dem unerwarteten Tod des Konzert-Gründers Clemens Krauss übernahm, dann aber ein Vierteljahrhundert lang en suite leitete.
In der Ära Boskovsky begannen die Liveübertragungen des Neujahrskonzertes via TV, was zur weltweiten Popularität des Künstlers beitrug.
Für die Nachwelt wichtiger sind wohl die kammermusikalischen Aufnahmen für die Decca, die nicht zuletzt dank des Engagements des Konzertmeisters bald zum Exklusiv-Label der Wiener Philharmoniker werden sollten. Die kammermusikalischen Aufnahme bergen Erinnerungen an eine wienerische Spielkultur, die seither immer weniger greifbar geworden scheint.

Boskovsky Edition auf 50 CDs

Die CD-Box enthält natürlich zunächst einmal sätmliche Neujahrskonzert-Produktionen, die seinerzeit meist nicht live mitgeschnitten, sondern - wie zuvor schon bei Clemens Krauss - im Studio aufgenommen wurden.
Ein Schelm, wer nicht zugäbe, daß manche dieser Walzer- und Polka-Platten nach einigen Nummern der farblichen Differenzierungskunst entbehren und die Sache auf längere Frist ihre Zugkraft ein wenig einbüßt.
Doch die ganze Wahrheit über den eminenten Musiker Boskovsky erfährt nur, wer auch die »ernsthafteren« Teile dieser CD-Edition zur Kenntnis nimmt. Die Aufnahmetätigkeit dieses Künstlers führte über die vielen Tänze und tönenden »Ballspenden« Mozarts zu dessen Divertimenti und Serenaden. Im Plattenstudio war Boskovsky mit philharmonischen Kollegen ja schon als junger Konzertmeister aktiv.

Wienerische Musiziertradition

Decca holte ihn nicht zuletzt wohl mit dem Hintergedanken, auf solchem Wege über kurz oder lang die Philharmoniker als »Hausorchester« gewinnen zu können; was letztendlich auch bald gelang.
Die Nachgeborenen kommen dadurch in den Genuß von Kammermusikaufnahmen, die zum Teil außerordentlichen Stellenwert einnehmen. Das von Boskovsky und seinem Klarinettisten-Bruder Alfred angeführte »Wiener Oktett« hat Stücke wie Beethovens Septett oder manches Mozart-Kleinod (das kostbare »Kegelstatt«-Trio eröffnet die Sammlung) und natürlich Schuberts Oktett in jenem Ton aufgenommen, den Generationen als genuin »wienerisch« empfanden.

Was damals wohl ganz selbstverständlich, ohne viel theoretische Überlegung »von den Lippen floß«, macht diese Box wertvoll für Musikfreunde im XXI. Jahrhundert.
So lang ist das nicht her, möchte man meinen - vielleicht färbt es noch einmal auf die Jüngeren ab?

↑DA CAPO