Sándor Végh

Über seine besondere Art zu musizieren

2. April 1996
Sandor Vegh ist eine Art Leuchtturm: Wann immer man verzweifeln möchte, weil keiner mehr zu wissen scheint, wie Wiener Klassik unverkrampft zu spielen wäre, gibt er dem Hörer Halt.

Vegh ist, man weiß es, kein Dirigent. Er sitzt vielmehr auf dem Podium des Konzerthauses vor dem Wiener Kammerorchester und erinnert die Musiker nur mehr an das, was in Proben abgemacht wurde, und - vor allem - an das, was der "gesunde Menschenverstand" einem Musiker ohnehin sagt, der in unseren Breiten gelernt hat, was musikalische Qualitäten sind: Die Musik sprechen zu lassen, zu wissen, daß noch der kleinste Akkord nur scheinbar nebensächlich ist, aufeinander zu hören und mit Lust aufzuspielen.

Diesmal zu studieren an einer frühen Haydn-Symphonie (d-Moll, Nr. 34), die mit einem schwierigen Adagio beginnt und dann vielgestaltige Möglichkeiten präsentiert, in schnellem Tempo geistreiche Pointen zu setzen.
Sie wurden alle ausgekostet, ohne aufdringlich zu werden - und ohne den Hörer zu zwingen, über Stilfragen, Originalinstrumente oder sonstige Zeitthemen nachzudenken.
Wo sich Musik "natürlich" ereignet, wird der Geist nicht von Äußerlichkeiten, sondern durch die Klänge selbst angeregt.

Wann die Klassik »klassisch« ist

Oleg Maisenberg war in Beethovens zweitem Klavierkonzert der ideale Partner für diese Gangart: Auch er macht locker, voll Esprit und mit dem rechten Gefühl für perfekt ausbalancierte Übergänge Musik.
Und nichts weiter.
Klassik kann, ja muß eigentlich so einfach sein. Dann ist sie "klassisch".
 

↑DA CAPO