Klavierkonzert Nr. 3
c-Moll op. 37
Die Reihenfolge, in der Beethovens Klavierkonzerte veröffentlicht worden sind, sagt nicht unbedingt etwas über die Chronologie der Entstehung aus. Das Konzert op. 19 war jedenfalls früher als das op. 15 vollendet. Und das c-Moll-Konzert, das etwa gleichzeitig mit den »Eroica«-Variationen den letzten Schliff erhalten hat, geht auf Entwürfe zurück, die sich in den Skizzenbüchern von 1796 finden, also sieben Jahre älter waren. Die Sätze I und II waren denn auch bereits um die Jahrhundertwende vollendet. Aber da Finale maj, erst kurz vor der Uraufführung in der legendären Akademie am 5. April 1803 im Theater an der Wien Form an. Vor der Drucklegung nimmt Beethoven dann noch einmal Veränderungen vor. 1809 schreibt er für seinen prominenten Schüler, den Erzherzog Rudolph, eine Kadenz zum ersten Satz nieder.
Für die Zeitgenossen hat Beethoven mit diesem Werk das vorbildliche Klavierkonzert schlechthin vorgelegt. Durchaus »pathetisch« wie die entsprechend benannte Sonate in derselben Tonart, klassisch perfekt in der Formgebung, doch voll romantischer Empfindungen - schon zum geheimnisvollen Beginn, der unzweifelhaft auf den Beginn von Mozarts c-Moll-Konzert anspielt.
Nach den dramatischen Aufwallungen des Kopfsatzes bietet das in der weit entfernten Tonart E-Dur stehende »Largo« eine weltentrückte Klang-Oase, die wiederum verwandt mit Mozart'schen Sätzen in derselben Tonart ist, denken wir an das berühmte Terzett aus dem ersten Akt von Così fan tutte.
Rudolf Buchbinder verweist gern auf eine Notiz Carl Czernys über des Komponisten eigene Manier, dieses Largo zu spielen, die manche Vorstellungen von Klassiker-Interpretation über den Haufen wirft: übermittelt uns übrigens eine gute Vorstellung davon, wie Beethoven das Thema des Largos selbst gespielt hat.
Beethoven ließ das Pedal durch das ganze Thema fortdauern, was auf den damaligen schwachklingenden Clavieren sehr wohl ausging, besonders, wenn auch das Verschiebungspedal dazu genommen war ... Das ganze Thema muß wie eine ferne, heilige und überirdische Harmonie klingen.
Czerny weiß übrigens auch Rat, wie ein solcher Effekt auf modernen, weit weniger zart besaiteten Flügeln zu erzielen wäre:
Jetzt, wo der Ton kräftiger geworden, würden wir rathen, das Dämpfungspedal bei jedem bedeutenden Harmoniewechsel immer wieder von Neuem zu nehmen, jedoch so, daß im Klange keine Lücke merkbar.
Das Uraufführungs-Publikum war von der Novität zunächst nicht besonders begeistert. Doch setzte der Siegeszug des Werks bald ein. Und Beethoven durfte sich nach der Akademie, in der unter anderem auch das Oratorium Christus am Ölberge
zum ersten Mal erklang, über 1800 Gulden freuen. Die Eintrittspreise waren hoch. Und die Wiener bezahlten sie. Für die Logen verlangte man 12 Gulden. Normalerweise kosteten sie 4!
Für heutige Begriffe unfaßbar die Arbeitsbedingungen für die Orchestermusiker des Theaters. Das lange Akademieprogramm wurde am Tag der Aufführung ab acht Uhr früh geprobt. Unmittelbar nach den Proben begann das Konzert!