Vaclav Talich

1883 - 1961

Vaclav Talich stammte aus einer Musikerfamilie und wurde früh von ntonín Dvořák gefördert. Bei Otakar Ševčík studierte er Violine und wirkte zunächst als Konzertmeister der Berliner Philharmoniker in der Ära Arthur Nikischs. Nikisch machte Talich bald zu seinem Assistenten und riet ihm zu einem Kompositions-Studium bei Max Reger.

Eine Zeitlang musizierte Talich im Verein mit dem befreundeten Josef Suk, Dvořáks Schwiegersohn, in einem gemeinsamen Streichquartett.

Die große Chance für den Dirigenten Talich kam nach dem Zusammenbruch der Donaumonarchie. Noch 1918 übernahm er die Leitung der Tschechischen Philharmonie, die er dank seiner magischen Ausstrahlung auf die Musiker und seines unbedingten Gestaltungswillens zu höchster Qualität zu führen wußte, was internationale Tourneen nach sich zog.

Als führender Kopf des Prager Musiklebens war es selbstverständlich Talich, der 1937 die Festaufführung abnläßlich des 150. »Geburtstags« von Mozarts Don Giovanni dirigierte. Talich blieb Chef der Tschechischen Philharmonie, anfangs auch in der Zeit des sogenannten »Reichsprotektorats Böhmen und Mähren«. Obwohl er sein Amt 1941 niederlegte, ereilte ihn nach 1945 zunächst dasselbe Schicksal wie → Willem Mengelberg, der als Chefdirigent des Amsterdamer Concertgebouw Orchesters ebenfalls nicht zurückgetreten war, als die Deutschen das Diktat über Hollan übernommen hatten.

Die Zeit nach 1945

Obwohl eine Untersuchungskommission festgestellt hatte, daß Talich zwar auftragsgemäß mit seinem Orchester auf Einladung von Hitlers Propagandaminister Goebbels 1941 nach Berlin gereist war, um dort Smetanas Zyklus Mein Vaterland zu musizieren, im übrigen aber keineswegs leichtherzig mit den Deutschen kooperiert hatte, verwehrte man ihm bis Herbst 1946 jedes Engagement. Erst im September dieses Jahres kam es zum ersten Auftritt Talichs in Prag - am Pult des Orchesters des Nationaltheaters. Seinen früheren Status als führender Mann des Prager Musiklebens erhielt der Dirigent jedoch nie wieder. Ein für die Salzburger Festspiele 1947 geplantes Konzert mit den Wiener Philharmonikern sagte der Dirigent - angeblich »krankheitshalber« bereits im Vorfeld des Festivals ab - Wilhelm Furtwängler übernahm.

Beim von ihm mitbegründeten Festival »Prager Frühling« dirigierte 1948 dann Talichs Nachfolger Rafael Kubelik die Philharmonie, Talich jedoch das »Tschechische Kammerorchester« . . .

Die Slowakische Philharmonie

Im Verein mit Ludovit Rajter gründete Talich dafür 1949 die Slowakische Philharmonie und amtierte bis 1952 auch als deren Chefdirigent. Doch fanden die wesentlichen Auftritte Talichs nach dem Krieg in Wahrheit nicht vor Publikum sondern vor Mikrophonen statt: Eine seiner besten Aufnahmen entstanden in dieser Zeit. Talichs Schüler Vaclav Vaslik führte Regie bei der Fernsehaufzeichnung der Aufnahmen von Dvořáks Slawischen Tänzen.

Aufnahmen

Im Schallplattenstudio versuchte Talich schon in Schellack-Zeiten nicht nur das große böhmische Repertoire aufzuzeichnen, sondern sich auch für Raritäten zu engagieren. So nahm er neben Dvořáks viel gespielter Symphonie aus der Neuen Welt auch dessen Symphonien Nr. 6, 7 und 8 auf. Dazu Zeitgenössisches wie Josef Suks Serenade op. 6 oder Vítezslav Nováks Slowakische Suite op. 32. Viele dieser Pioniertaten blieben trotz ihres technischen Alters die besten Aufnahmen im Katalog.

In der Spätzeit Talichs entstand 1952 eine grandiose Einspielung von Dvořáks Cellokonzert mit dem jungen Mstislav Rostropowitsch, das zur Visitenkarte des Solisten wurde.

↑DA CAPO