Georg Szell

(1897 - 1970)

Neben Fritz Reiner, Leopold Stokowski und Sergej Kussewitsky der führende Garant für die Hochblüte der US-amerikanischen Orchester im XX. Jahrhundert.

Das Cleveland Orchestra und Georg Szell - die Namen sind unzertrennlich. Der aus Ungarn gebürtige, in Wien ausgebildete Dirigent hat das Orchester zu einem der führenden Klangkörper der Welt gemacht - Kenner stellten Szell in seiner Zeit lediglich Arturo Toscanini zur Seite. Jedenfalls war er einer der unerbittlichen Orchestererzieher seiner Generation - und einer der wenigen Kollegen, die der jüngere Herbert von Karajan als ebenbürtig akzeptierte und zu den Salzburger Festspielen einlud, wo Szell nicht nur mit »Karajans« Berliner Philharmonikern arbeitete, sondern auch legendäre Konzerte mit den Wiener Philharmonikern gab. Mit seinem Cleveland Orchestra hatte er noch am Vortag Prokofieffs Fünfte Symphonie akribisch gebrobt, ehe Herbert von Karajan als Gast am Pult erschien, um dieses Werk mit dem Orchester einzustudieren!

Jugend in Wien

Ausgebildet war der in Budapest geborene Sohn eines ungarischen Juristen und Geschäftsmanns in Wien worden. Unter anderem studierte Szell Klavier bis zur Konzertreife bei Richard Robert, der zur selben Zeit auch Rudolf Serkin ausbildete.

Als Pianist abolvierte Szell im Kindesalter bereits auch seine ersten Konzertauftritte in Wien. Er war 15 Jahre alt, als er bei den Berliner Philharmonikern debütierte und ein eigenes Werk zur Aufführung brachte.

Richard Strauss schätzte die Qualitäten des jungen Musikers und akzeptierte ihn zunächst als Assistenten, um ihn dann als Kapellemister nach Straßburg zu empfehlen. Er stand auch Pate, als Szell nach Erfahrungen in deutschen Provinztheatern 1924 nach Berlin zurückkehrte, wo er Kapellmeister an der Lindenoper wurde und Pionier-Erfahrungen beim deutschen Rundfunk sammeln konnte.

In Prag war Szell dann vor der Machtübernahme der Nationalsozialisten als Kapellmeister am deutschen Theater und Akademie-Professor tätig.

Nach der Emigration ging er nach Großbritannien, wude Chefdirigent des Schottischen Nationalorchesters und wurde bald nach Beginn des zweiten Weltkriegs Chefdirigent des Cleveland Orchestras, das er bis zu seinem Tod leiten und zu einem der bedeutendsten Orchester der Welt formen sollte.

Als Orchestererzieher war er unerbittlich wie Fritz Reiner zur selten Zeit in Pittsburgh und dann in Chicago. Gemeinsam mit Eugene Ormandy in Philadelphia bildeten die drei die ungarische Phalanx im amerikanischen Orchesterleben.

Aufnahmen

Bestimmte Aufnahmen dieses Dirigenten zu empfehlen ist ein groteskes Unterfangen. Es wird sich schwerlich irgendeine Einspielung finden, die unter der Leitung dieses Dirigenten entstanden ist, die nicht ihre Meriten hätte - oder die nicht perfekt musiziert worden wäre. Präzisionsfanatiker, der Szell war, hat er keine falsche Note aus den Studios in die Freiheit der Schallplattenläden entlassen. Faszinierend sind daher nicht zuletzt die Livemitschnitte, die es aus seiner Zeit als Gastdirigent der New Yorker Metropolitan Opera oder von Gastspielen am Pult diverser europäischer Orchester gibt. Allen voran etwa die Salzburger Festspiel-Dokumente von Aufführungen von Beethovens Drittem Klavierkonzert (mit Emil Gilels) und der Fünften Symphonie mit den Wiener Philharmonikern, die dieses Orchester in seltener Disziplin, gleichzeitig aber ungeheur ausdrucksvoll hören lassen.

Zu den Clevelander Studioaufnahmen, die man gehört haben muß, gehören jedenfalls die Einspielungen von Haydn-Symphonien, die zu den brillantesten, dabei mit Witz und Charme musizierten Dokumenten geistreicher (und prägnant differenzierter) Klassiker-Interpretationskunst gehören.

↑DA CAPO