Roger Norrington
Das erste Konzert des Originalklang-Pioniers mit den Wiener Philharoniker
Salzburg, Jänner 1996
Die Mozartwoche in Salzburg sorgt erfrischend für neue Begegnungen. Nicht zuletzt die Wiener Philharmoniker, selbst recht zögerlich im Hinblick auf ihnen unbekannte Dirigenten, profitieren davon: Diesmal musizierten sie erstmals unter Roger Norrington.
Der Hardliner unter den Originalinstrumenten-Kriegern und das Wiener Traditionsorchester - ob das nicht harte Auseinandersetzungen ergeben mußte? Keineswegs! Im ersten Teil des erstaunlichen Abends im Großen Festspielhaus glaubte manch einer sogar, irrtümlich im falschen Konzert gelandet zu sein. War es nicht Norrington, der stets über die Frage historisch "richtiger" Orchesterbesetzungen referierte?
Er scherte sich keinen Deut darum, gestand wohl ein, daß man in Karajans Circus maximus keine Miniaturkapelle wie vor Zeiten in Esterhaza aufspielen lassen kann - und wählte dennoch Joseph Haydns "La Passione" genannte, frühe Sinfonia, die im Hobokenverzeichnis unter der Nummer 49 firmiert und als besonderes Beispiel für den Haydnschen "Sturm und Drang" gilt. Heftige Akzente, leidenschaftliche Gesten, kühne Melodiesprünge stehen in der Partitur.
Mozart, wie gehabt
Das mußte doch für Norrington die ideale Vorlage sein, um den stets romantisierenden Wiener Herren aus ihrer weichen, von wohligem Vibrato erwärmten Kuschelecke zu treiben.
Weit gefehlt. Wer ein Scharmützel erwartet hatte, philharmonische Rebellion gegen schroffe Klangeskapaden, sah sich mit einem bißchen Frieden konfrontiert: Zwölf erste Geigen zelebrierten wienerischen Wohlklang, ein wenig sorgfältiger und abwechslungsreicher phrasiert, zugegeben, als gewohnt, aber doch. Als dann noch Imogen Cooper erschien und Mozarts wunderbares A-Dur-Klavierkonzert KV 488 im undifferenzierten Behutsamkeits-Schongang "weichspülte", ohne daß Norrington zumindest hier und da ein belebendes orchestrales Veto einlegen ließ, wußte sich die zum Sturm gerüstete und unversehens von einem Mailüfterl umwehte Mozartgemeinde keines Rats mehr: Was sollte man davon halten? Klang es doch wie "altgewohntes Geräusch", dutzendfach aus ruhmreicher Festspielvergangenheit bekannt, und nur ein klein wenig frisch herausgeputzt.
Nach der Pause aber Beethovens Zweite: Da war der historisierende Revoluzzer am Pult immerhin ansatzweise mit seinem Image zu identifizieren. Allein: Er scheint ein gerissener Geschäftsmann zu sein, dieser Roger Norrington, wenn es darum geht, die eigenen musikalischen Interessen im "Feindesland" zu vertreten. Radikalität ist ihm in Salzburg, angesichts der Wiener Philharmoniker fremd. Er gewinnt Orchester und Zuhörer mit Charme, opponiert nicht gegen die wienerisch romantische Spieltradition, sondern begehrt nur mehr Lebendigkeit, mehr Agilität, mehr Spielwitz als in jüngster Zeit philharmonischer Brauch.
Koketterie und Eleganz
So setzt er offenkundig mühelos Energien frei, die in den Musikern zuletzt allzuoft brachliegen. Und Beethovens Musik atmet auf, kokettiert so recht mit ihren bewußten Unregelmäßigkeiten, mit ihren Überraschungseffekten und mit ihrer tänzerischen Eleganz.
Der bezaubernde Beweis, wie wichtig derlei neue Bekanntschaften sein können. Daß sie immer von seiten des Mozarteums "gestiftet" werden müssen, nimmt der Wiener amüsiert zur Kenntnis und hofft, daß die anregendsten davon - zum Beispiel die mit Roger Norrington - doch auch 300 Kilometer weiter östlich Folgen haben dürfen.
Der Hardliner unter den Originalinstrumenten-Kriegern und das Wiener Traditionsorchester - ob das nicht harte Auseinandersetzungen ergeben mußte? Keineswegs! Im ersten Teil des erstaunlichen Abends im Großen Festspielhaus glaubte manch einer sogar, irrtümlich im falschen Konzert gelandet zu sein. War es nicht Norrington, der stets über die Frage historisch "richtiger" Orchesterbesetzungen referierte?
Er scherte sich keinen Deut darum, gestand wohl ein, daß man in Karajans Circus maximus keine Miniaturkapelle wie vor Zeiten in Esterhaza aufspielen lassen kann - und wählte dennoch Joseph Haydns "La Passione" genannte, frühe Sinfonia, die im Hobokenverzeichnis unter der Nummer 49 firmiert und als besonderes Beispiel für den Haydnschen "Sturm und Drang" gilt. Heftige Akzente, leidenschaftliche Gesten, kühne Melodiesprünge stehen in der Partitur.
Mozart, wie gehabt
Das mußte doch für Norrington die ideale Vorlage sein, um den stets romantisierenden Wiener Herren aus ihrer weichen, von wohligem Vibrato erwärmten Kuschelecke zu treiben.
Weit gefehlt. Wer ein Scharmützel erwartet hatte, philharmonische Rebellion gegen schroffe Klangeskapaden, sah sich mit einem bißchen Frieden konfrontiert: Zwölf erste Geigen zelebrierten wienerischen Wohlklang, ein wenig sorgfältiger und abwechslungsreicher phrasiert, zugegeben, als gewohnt, aber doch. Als dann noch Imogen Cooper erschien und Mozarts wunderbares A-Dur-Klavierkonzert KV 488 im undifferenzierten Behutsamkeits-Schongang "weichspülte", ohne daß Norrington zumindest hier und da ein belebendes orchestrales Veto einlegen ließ, wußte sich die zum Sturm gerüstete und unversehens von einem Mailüfterl umwehte Mozartgemeinde keines Rats mehr: Was sollte man davon halten? Klang es doch wie "altgewohntes Geräusch", dutzendfach aus ruhmreicher Festspielvergangenheit bekannt, und nur ein klein wenig frisch herausgeputzt.
Nach der Pause aber Beethovens Zweite: Da war der historisierende Revoluzzer am Pult immerhin ansatzweise mit seinem Image zu identifizieren. Allein: Er scheint ein gerissener Geschäftsmann zu sein, dieser Roger Norrington, wenn es darum geht, die eigenen musikalischen Interessen im "Feindesland" zu vertreten. Radikalität ist ihm in Salzburg, angesichts der Wiener Philharmoniker fremd. Er gewinnt Orchester und Zuhörer mit Charme, opponiert nicht gegen die wienerisch romantische Spieltradition, sondern begehrt nur mehr Lebendigkeit, mehr Agilität, mehr Spielwitz als in jüngster Zeit philharmonischer Brauch.
Koketterie und Eleganz
So setzt er offenkundig mühelos Energien frei, die in den Musikern zuletzt allzuoft brachliegen. Und Beethovens Musik atmet auf, kokettiert so recht mit ihren bewußten Unregelmäßigkeiten, mit ihren Überraschungseffekten und mit ihrer tänzerischen Eleganz.
Der bezaubernde Beweis, wie wichtig derlei neue Bekanntschaften sein können. Daß sie immer von seiten des Mozarteums "gestiftet" werden müssen, nimmt der Wiener amüsiert zur Kenntnis und hofft, daß die anregendsten davon - zum Beispiel die mit Roger Norrington - doch auch 300 Kilometer weiter östlich Folgen haben dürfen.