Josef Krips
(1902 - 1974)
Wiens Retter in der Not, 1945, und Vater des legendären »Mozart-Ensembles«
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Während seiner Zeit, da er nur versteckt in Wien überleben konnte, wußte freilich die Wiener Musikwelt, wer Josef Krips war - und wo er sich befand, denn man konnte bei ihm Korrepetitionsstunden nehmen und ließ ihm dafür zukommen, was er zum Überleben benötigte.
Das Kapellmeisterhandwerk hatte er von der Pike auf gelernt, vom Choristen war er zum Geiger im Volksopern-Orchester geworden. Dort fiel er dem Hofopern-Chef Felix Weingartner auf, der ihn zum Korrepetitor und bald auch zum Chorleiter an der Volksoper machte. Mit Verdis Maskenball avancierte Krips zum Dirigenten - und bald rief man ihn in die deutsche Provinz: auf eine Saison in Dortmund folgte 1926 Karlsruhe. Bis die »1000 Jahre« des Hitler-Regimes begannen, die ihn - mit reicher Repertoire-Erfahrung - in seine Heimat zurücktrieben. Bis Österreich zur »Ostmark« wurde, war Krips Professor an der Musik-Akademie und viel beschäftigter Kapellmeister.
Das Mozart-Ensemble
Seine große Stunde schlug nach dem Zusammenbruch des »Dritten Reichs« im April 1945. Die vormals führenden Dirigenten waren bald mit Dirigier-Verbot belegt - und Krips war der Mann der Stunde. Mit den Ensemble-Sängern der Wiener Oper bestens vertraut, ging er daran, das Musikleben wieder aufzubauen. Er dirigierte die auf Anordnung des sowjetischen Besatzungskommandanten - gegen jede Wahrscheinlichkeit - erzwungene, legendäre Vorstellung von Mozarts Hochzeit des Figaro mit den verbliebenen Staatsopern-Sängern im Gebäude der Volksoper, die das Bomben-Inferno überlebt hatte. Dieser 1. Mai 1945 wurde ein Schicksalsdatum in den Annalen der Musikstadt Wien. Unter anderem debütierte Sena Jurinac an diesem Abend mit dem Cherubin im Wiener Ensemble, das in der Folge von Krips zum legendären Mozart-Ensemble geformt wurde. Die viel gerühmte, unvergleichliche Mozart-Spielkultur, die in jener Zeit in Wien erwuchs, basierte auf Krips' Arbeit. Hier konnte ein Karl Böhm anknüpfen, als er 1947 wieder dirigieren durfte, ein Herbert von Karajan, als die englische Firma EMI ihm ermöglichte, in Wien erste Mozart-Gesamtaufnahmen zu machen . . .Krips war auch der Dirigent der ersten Neujahrskonzerte der Wiener Philharmoniker nach dem Krieg. Clemens Krauss, der die Tradition begründet hatte, war »gesperrt« wie Karajan, Böhm und viele andere. Krips, der auch den Löwenanteil der philharmonischen Konzerte während der ersten Nachkriegs-Saison leitete, stand auch zu Neujahr 1946 und 1947 am Pult im Musikverein. Und er führte das Mozart-Ensemble zu ersten Gastspielreisen - legendär die Tournee nach London, bei der es anläßlich einer Don Giovanni-Vorstellung in Covent Garden zu einer Wiederbegegnung mit dem exilierten, schon todkranken Richard Tauber mit seinen früheren Sänger-Kollegen kam.
Wien hat dem Dirigenten seinen Totaleinsatz in jener Zeit nicht wirklich gedankt. Als die Dirigierverbote für die »belasteten« Kollegen wieder aufgehoben wurden, hieß der Neujahrs-Dirigent der Philharmoniker wieder Clemens Krauss, Karl Böhm wurde mit der Wieder-Eröffnung des Hauses an der Ringstraße wieder Operndirektor, Herbert von Karajan folgte ihm nach - und Krips war immer da, dirigierte viel Repertoire, hie und da auch Premieren. Aber er wirkte in der Meinung von Publikum und Kritik in der zweiten Reihe.
Immerhin haben einige Schallplatten-Aufnahmen festgehalten, was dieser Künstler unter besten Studio-Bedingungen erreichen konnte.
Aufnahmen
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