Clemens Krauss

(1893 - 1954

Der Meister der Elegance aus Wien - Richard-Strauss-Intimus und genialer Johann-Strauß-Interpret.

Auch wiederholte Attacken von notorischen Querulanten können künstlerische Exzellenz nicht aus der Interpretationsgeschichte tilgen.

Jahrelang hat man politischerseits versucht, das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker, den gewiss besten Imagefaktor dieses Landes in der großen, weiten Welt, als eine Art Wiederbetätigungsveranstaltung verunglimpfen. Vor allem das Andenken von Clemens Krauss, des Gründervaters dieses Ereignisses, versuchte man mit allen Mitteln anzupatzen.

Es seien hier ein paar Hinweise für all jene hergesetzt, die erfahren möchten, wer Clemens Krauss wirklich war und warum man seiner als eines der bedeutendsten Dirigenten des 20. Jahrhunderts gedenken darf.

Was Richard Strauss wollte

Krauss war der deklarierte Favorit von Richard Strauss, der die Präzision der Einstudierungsarbeit, aber auch die Tatsache schätzte, dass über so viel Genauigkeit die Spontaneität des Musizierens, die Lust am Klang und dessen Eloquenz nicht verloren gingen.

Unverzichtbar für den Kenner sind daher die Aufnahmen, die Krauss als getreuer Sachwalter des Komponisten mit den Wiener Philharmonikern für Decca gemacht hat: Die Tondichtungen in fabelhafter Mono-Qualität - klangsinnlich und so zügig, wie der Herr und Meister selbst sie gern dirigiert hat. Hier lernt man nicht zuletzt viel über den zuletzt gern so verschleppten Auftakt im berühmten »Sonnenaufgang« am Beginn von Also sprach Zarathustra.

Aus der Münchner Zeit des Dirigenten hat sich ein Rosenkavalier erhalten, eine der brillantesten, die es gibt: Ganz an Hofmannsthals Text orientiert, entwickeln sich die Strauss'schen Klänge - aus dem Wort geboren.

Ein Beispiel für Krauss' souveräne Kunst
Man höre den Beginn des zweiten Akts, wie sich die quirligen Stimmen scheinbar planlos, ganz die nervöse Situation im Palais des Herrn von Faninal widerspiegelnd ineinander verschlingen, ohne doch zu verschwimmen; wie im folgenden Dialog trotz aller Geschäftigkeit der Text deutlich artikuliert wird; und wie natürlich sich die Steigerung entwickelt, die in die folgende Rosenüberreichung führt, die wiederum zum bezaubernden lyrischen Ruhepunkt wird.

Auch hier scheinen die Melodien aus Hofmannsthals Poesie geradezu herauszufließen. Die erste Viertelstunde dieses Opernakts geht vorbei wie im Flug.

Für solche musikdramatische Kunst steht der Name Clemens Krauss.

Das Neujahrskonzert

Er steht auch für die Fortführung einer wienerischen Spielkultur bei den Philharmonikern, die er nicht zuletzt mit der Etablierung des Neujahrskonzertes zu fundieren wusste; als kräftiges Lebenszeichen eines kulturellen Selbstverständnisses in einer Zeit, als das Wienerische nicht hoch im Kurs stand.
Für Decca hat Krauss jeweils im Vorfeld der Aufführungen auch Schallplatten mit dem aktuellen Neujahrs-Programm aufgenommen. Sie dürfen in keiner Walzer-Sammlung fehlen.

Livemitschnitt von 1954

Das letzte von Krauss dirigierte Neujahrskonzert (1954) ist nicht nur als Studioproduktion überliefert, die damals für den Schallplattenverkauf hergestellt wurde, sondern gottlob auch als Livemitschnitt. Da hört man die Walzer und Polkas mit Entspanntheit, Eleganz, getragen von einer duftig-transparenten Spiellaune, die das Publikum mehr als einmal Dacapos fordern ließ. Die durften die Musiker damals noch gewähren; es gab ja noch keinen rigorosen TV-Fahrplan . . .




↑DA CAPO

zur SINKOTHEK