Kirill Kondraschin

1914-1981

Kondraschin stammte aus einem Musikerhaushalt. Beide Eltern spielten in Moskauer Orchestern. Boris Khaykin wurde am Konservatorium sein Lehrer, der ihn zunächst ans Maly-Theater im damaligen Leningrad vermittelte, danach ans Moskauer Bolschoi-Theater, wo sich Kondraschin ein immenses Repertoire erarbeiten konnte. Eine Aufführung von Schostakowitschs Erster Symphonie brachte ihm die Freundschaft des Komponisten ein. In der Folge stand er bei der verspäteten Urauführung von dessen Vierter Symphonie wie bei den Weltpremieren der Symphonie Nr. 13 und des Zweiten Violinkonzerts (mit David Oistrach) am Dirigentenpult. Vom Ersten Violinkonzert hat Kondraschin 1962 eine Aufnahme mit dem jungen Leonid Kogan gemacht, die von vielen Kennern als einzige bezeichnet wird, die der klassischen Einspielung durch David Oistrach mit Dimitri Mitropoulos ernsthaft Konkurrenz machen kann.

Die Musikwelt wurde auf Kirill Kondraschin aufmerksam, weil er der Dirigent jener Aufführung von Tschaikowskys b-Moll-Klavierkonzert war, mit der Van Cliburn 1958 den Moskauer Tschaikowsky-Wettbewerb gewann. Das politisch brisante Urteil der Jury inmitten des Kalten Kriegs zwischen den USA und der Sowjetunion bescherte der Schallplatten-Aufnahme dieses Konzerts eine Millionenauflage. Van CLiburn und Kondraschin tourten in der Folge durch die westliche Welt und nahmen auch Rachmaninows d-Moll-Konzert für Schallplatten auf. Ein Mitschnitt einer gemeinsamen Moskauer Aufführung von Brahms B-Dur-Konzert 1972 wurde zu einem willkommenen »Nachzügler«. Sechs Jahre später nutzte der Dirigent die Chance und suchte während eines Gastspiels in den Niederlanden um politisches Asyl an. Er kehrte nicht mehr in die UdSSR zurück und wurde postwendend zum Chefdirigenten des Concertgebouw Orchesters in Amsterdam ernannt, das er fortan Seite an Seite mit Bernard Haitink führte. Für große Projekte im Westen blieb dem Künstler allerdings nicht mehr viel Zeit. Eine Zusammenarbeit mit den Wiener Philharmonikern kam nicht über das Anfangsstadium hinaus. Den Posten als Chefdirigent des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks konnte er nicht mehr antreten: Am Tag einer Aufführung von Gustav Mahlers Erster Symphonie mit dem NDR-Orchester im Frühjahr 1981 erlitt Kirill Kondraschin eine Herzattacke.

Aufnahmen

Viele exzellente Aufnahmen dieses Dirigenten entstanden live. Philips hat eine Reihe von Konzertmitschnitten mit dem Concertgebouw Orchester auf Schallplatten und dann auf CD herausgebracht - die Repertoire-Spannweite ist groß, reicht von einer rigiden, unerbittlich vorangetriebenen Wiedergabe von Beethovens Eroica bis zu einer viel beachteten, unkitschigen, aber leuchtkräftigen Aufnahme von Rimskij-Korsakows Scheherazade. Die Musik von Schostakowitsch nimmt einen bedeutenden Stellenwert in Kondraschins Repertoire ein.




↑DA CAPO