Paul Kletzki

1900 - 1973

Seine Jugendjahre verbrachte Paul (eigentlich: Pawel) Kletzki in seiner Heimatstadt Lodz. Dort wurde er in der städtischen Musikschule zum Geiger ausgebildet, dort musizierte er im philharmonischen Orchester. Den letzten Schliff holte er sich dann aber in Berlin, wohin er nach seinem Einsatz im polnisch-russischen Krieg und dem sowjetischen Sieg floh. In Berlin trat er 1923 erstmals als Dirigent in Erscheinung. Wilhelm Furtwängler wurde zunächst auf den Komponisten Kletzki aufmerksam, den er 1932 ans Dirigentenpult der Philharmoniker bat, unter anderem um die Uraufführung seines Violinkonzerts mit Georg Kulenkampff als Solist zu leiten.

Das Werk erschien 2013 in einer Aufnahme mit Robert Davidovici und dem Royal Philharmonic Orchestra unter Grzegorz Nowa beim Label RPO.

Doch schon ein Jahr später floh Kletzki erneut angesichts der politischen Ereignisse. Für einige Jahre unterrichtete er Komposition in Venedig und Mailand, ehe er sich, mit einer Schweizerin verheiratet, in der Schweiz ansiedeln konnte. Viele Mitglieder seiner Familie fielen dem NS-Terror zum Opfer. Ein Versuch, noch einmal in der Ukraine tätig zu werden, scheitert erneut an politischen Zwistigkeiten: Die stalinistischen Kulturpolitik vertrieb den Künstler endgültig. Als Komponist nahm Kletzki auf die grausamen Zeitläufte direkt in seiner Dritten Symphonie Bezug, die er In memoriam nannte. Den langsamen Satz brachte er bei einer Gedenkfeier für die Opfer des Holocaust 1946 zur Uraufführung. Der Rest des Werks blieb zu Lebzeiten des Komponisten unaufgeführt. Der Komponist Kletzki verstummte angesichts der Gräuel, die er mit ansehen mußte.
Thomas Sanderling hat die Symphonie mit dem Norrköping Orchester für das Label BIS eingespielt und damit erstmals komplett zum Klingen gebracht.

Exil in der Schweiz

Ab 1938 lebte Kletzki in Clarens und war bald Professor am Konservatorium von Lausanne. Nach einer Phase als Gastdirigent übernahm er 1954 die Leitung des Royal Liverpool Symphony Orchestra. Toscanini hatte ihn zu den Feierlichkeiten der Wiedereröffnung der renovierten Mailänder Scala nach dem Krieg eingeladen. Chefpositionen übernahm Kletzki später in Dallas und Bern. Zuletzt war er künstlerischer Leiter der Symphonieorchester von Lausanne und (ab 1967) des Orchestre de la Suisse romande in Genf.

Als ausgebildeter Komponist engagierte sich Paul Kletzki lebenslang für zeitgenössische Musik. Alexandre Tansman widmete ihm seine Fünfte Symphonie, auch Werke von Milhaud und anderen hebt er aus der Taufe.

Im Plattenstudio arbeitete Kletzki mit verschiedenen Orchestern, eine seiner wichtigsten Aufnahmen gilt Beethovens neun Symphonien, die er in Prag mit der Tschechischen Philharmonie für Supraphon einspielt.

↑DA CAPO