Carlo Maria Giulini

Zum Tod des großen Dirigenten

16. Juni 2005
Zurückgezogen lebte der Künstler seit langem. Seine Krankheit erlaubte ihm schon jahrelang nicht mehr, zu dirigieren. Doch steht sein Name in der Musikwelt für absolute Integrität und künstlerische Noblesse: Carlo Maria Giulini, 1914 im italienischen Barletta geboren, fand vergleichsweise spät zu seiner Bestimmung. Als ausgebildeter Komponist und Bratschist musizierte er zunächst in der römischen Academia di Santa Cecilia.

Dort beeindruckte ihn die Arbeit von Dirigenten wie Bruno Walter und Otto Klemperer dermaßen, dass er beschloss, ans Pult zu wechseln. Seine Musiker-Tage hat er auf seinem neuen Platz nie vergessen: Immer arbeitete er in ruhiger, besonnener und von profundem Wissen um die Dinge des Instrumentalisten-Lebens geprägter Weise an seinen Interpretationen. Orchestermitglieder liebten und verehrten den Künstler daher ebenso wie das Publikum, dem zunächst in erster Linie der Operndirigent Giulini am Herzen lag.

Sowohl an der Mailänder Scala, wo er mit Arturo Toscanini noch einen bedeutenden Promotor fand, als auch an der Londoner Covent Garden Opera brachte Giulini denkwürdige Premieren - an der Seite von Regisseuren wie Franco Zeffirelli und Luchino Visconti - heraus. Er bewunderte und begleitete u. a. Maria Callas. Schallplatteneinspielungen zeugen von seiner Gabe, die Gesangskunst aufs Natürlichste auf die Orchesterstimmen zu übertragen.

Das prägte auch Giulinis symphonisches Repertoire: Die geschmeidige Gestaltung der Linie, die auf diese Weise gewonnene Ausdruckskraft der musikalischen Phrase zählen zu den unverkennbaren Stärken seiner Kunst. Man lud ihn zu den bedeutendsten Symphonieorchestern der Welt, für längere Fristen vor allem nach London, zum Chicago Symphony Orchestra und auch nach Wien, wo die Symphoniker unter seiner Führung hymnische Kritiken und großen Publikumsjubel ernteten.

Bruckner mit den Philharmonikern

Auch den Philharmonikern war der Maestro verbunden: Mit ihnen gestaltete er souverän, was dem Wiener Repertoire wohl stets als höchstes Gut gilt: Anton Bruckners späte Symphonien, vollendet ausgewogen im Goldenen Musikvereinssaal. So wird man ihn im Gedächtnis behalten.

↑DA CAPO