Karl Elmendorff

1891 - 1962

Die spektakulärste Aufnahme, die wir von Karl Elmendorff besitzen, ist wohl die erste Gesamtaufnahme von Richard Wagners Tannhäuser, entstanden bei den Bayreuther Festspielen des Jahres 1930. Spektakulär sind vor allem die Begleitumstände: Die Produktion war nämlich von Arturo Toscanini einstudiert worden - doch der war bei der Firma Victor exklusiv unter Vertrag, sodaß Columbia keine Aufführungen unter seiner Leitung aufnehmen durfte. So übernahm Elmendorff am fraglichen Abend die musikalische Leitung - doch behaupten viele Musikfreunde, die feurige Interpretation trage durrch und durch Toscaninis Handschrift.

Daß ein Mann wie Karl Elmendorff solche »Unterstützung« nicht nötig hatte, beweisen die anderen Opernaufnahmen, die unter seiner Leitung entstanden, allen voran die spritzige Wiedergabe von Goetz' Der widerspensigen Zähmung und Hugo Wolfs Corregidor, zwei raren Beispielen für nachwagnerische deutschen Musik-Komödien, die nie besser realisiert worden sind.

Karl Elmendorff hatte in seiner Jugend Philologie studiert, ehe er sich dem Musikerberuf zuwandte. Er absolvierte Kapellmeister-Touren durch Düsseldorf, Mainz und Hagen, ehe er sich in den großen Häusern von München und Berlin - und schließlich in Wiesbaden etablieren konnte. Ab den späten Zwanzigerjahren war er in Bayreuth gern gesehener Gast. In Dresden kann er sich Anfang der Vierzigerjahre - nicht zuletzt wegen guter Verbindungen zum Regime - gegen Kandidaten wie Herbert von Karajan als Nachfolger des nach Wien verpflichteten Karl Böhm durchsetzen.

Von den regulären Studioaufnahmen unter seiner Leitung wäre vor allem die Ersteinspielung von Gottfried von Einems jugendlichem Concerto für Orchester (DG) - schon aus historischen Gründen (die Aufnahme mußte 1944 auf Druck der NS-Behörden gemacht werden, damit das Stück freigegeben werden durfte) eine Wiederauflage wert. Die Aufnahme läßt übrigens auch eine frühere Fassung des Schlusses des Werks hören, die vom Notentext der 1951 gedruckten Ausgabe abweicht.

↑ DA CAPO