Antál Dorati

1906 - 1988

Einer der meistbeschäftigten Schallplatten-Dirigenten des XX. Jahrhunderts, der unter anderem auch sämtliche Haydn-Symphonien eingespielt hat.

In die USA emigriert ist der ungarische Künstler nicht erst im Zuge des anti-kommunistischen Aufstands im Jahr 1956. Als Jude hatte er schon 1933 alle Beziehungen zu Deutschland abbrechen müssen und ging zunächst nach Frankreich - wo er einer der Dirigenten der legendären Ballets russes von Serge Diaghilev wurde, und dann nach Amerika. Seit 1924 war er Assistent von Fritz Busch an der Semperoper in Dresden gewesen, danach Kapellmeister in Münster.

Jugend in Budapest

Ausgebildet wurde Antal Doráti bei den besten ungarischen Meistern, die Budapest in seiner Jugend aufbieten konnte: Leó Weiner und Zoltán Kodály waren seine Theorie- und Kompositions-Professoren, bei Béla Bartók hörte er sechs Semester lang Vorlesungen über Volksmusik. Alle diese Meister kannte Dorati von Kindesbeinen an, denn sie waren ständige Gäste im Hause seiner Eltern, eines Budapester Orchestermusikers und einer Musiklehrerin.

Mit dem Komponisten und Pianisten Ernst von Dohnányi war er sogar verwandt - Doráti konnte als Komponist und Dirigent auf ein solides Fundament aufbauen.

Im Studio

Als Orchesterleiter wurde er in den USA ungemein populär, nicht zuletzt, weil er für das Label Mercury Hunderte Schallplattenaufnahmen machte, deren Originalpressungen dank ihrer klanglichen Brillanz bis heute Kultstatus in Vinyl-Sammlerkreisen genießen. Legendär Experimente mit besonders aufwendigen Orchesterbesetzungen wie eine Einspielung der Originalversion von Tschaikowskys Ouvertüre 1812.

Das Haydn-Projekt

In Europa erlangte Doráti vor allem wegen eines spektakulären Aufnahmeprojekts für Decca Berühmtheit: Ende er Sechzigerjahre begann er mit der Philharmonia Hungarica, einem Orchester aus ungarischen Exilanten, die ihre Heimat 1956 verlassen hatten, an einer Gesamtaufnahme aller erhaltenen Symphonien von Joseph Haydn. Das ehrgeizige Unterfangen, vom Haydn-Forscher H. C. Robbins Landon wissenschaftlich begleitet, war bereits 1973 abgeschlossen und zeitigte neun exzellent edierte Schallplatten-Boxen mit insgesamt 46 LPs.

Neue Musik

Doch hat sich Doráti lebenslang auch für die zeitgenössische Musik engagiert, nicht zuletzt für die Musik seiner prominenten Lehrer. Von Bartók brachte er 1949 (in seiner Zeit als Chef des Orchesters von Minneapolis) das von Tibor Serly fertiggestellte, fragmentarisch hinterlassene Bratschenkonzert mit William Primrose zur Uraufführung. Aus der Taufe gehoben hat er ü überdies Werke von Hindemith, Roberto Gerhard, Sándor Verres und etlichen amerikanischen Komponisten von William Schuman bis Roger Sessions. Chefpositionen hatte er unter anderem auch in London (Royal Philharmonic), Washington und Detroit inne.





↑ DA CAPO