Guido CANTELLI

1920 - 1956

Es ist das erstemal in meiner langen Künstlerkarriere, daß ich einen jungen Mann gefunden habe, der mit jenem Talent begabt ist, das man nicht beschreiben kann, das aber das einzig wahre ist, um einen Künstler hoch hinaus zu bringen; sehr hoch hinaus

Also sprach Arturo Toscanini als er den jungen Guido Cantelli erlebte. Mit der Fürsprache des strengen Maestro, der ihn 1949 einlud, einige Konzerte seines NBC-Orchesters in New York zu dirigieren, war die Karriere des noch nicht 30jährigen Künstlers aus Novara gemacht.
Orchester in New York, Boston und London riefen - mit Walter Legges Philharmonia Orchestra machte Cantelli Aufnahmen, die euphorische Reaktionen heraufbeschworen.
Einen Höhepunkt der Karriere markierte die Ernennung zum Chefdirigenten der Mailänder Scala - und damit zum Nachfolger seines Mentors Toscanini.
Doch wenige Tage später war Guido Cantelli tot: Er starb beim mißglückten Startversuch eines Flugzeugs auf dem Pariser Flughafen Orly. Toscanini überlebte seinen Protegé um einige Wochen - er hat nie von Cantellis Tod erfahren.


Aufnahmen

Die Aufnahmen, die von Cantellis Kunst erhalten sind, verraten den Sinn dieses Dirigenten für singende, weit geatmete Phrasierung, die er auf ein ganzes Orchester zu übertagen wußte. In diesem Sinne gerieten ihm Werke wie Johannes Brahms' (von Dirigenten gefürchtete) Dritte Symphonie ungewöhnlich fließend, melodiös, unpathetisch, aber doch gewichtig. Cantellis Landsmann Carlo Maria Giulini hat später ähnlich kantable Interpretationen gestaltet, die zu ebenso ruhigen Tempi tendierten.
Dramatik scheint bei Cantelli jedenfalls nirgends aufgepfopft, sondern entwickelt sich zwingend aus dem musikalischen Fluß.
Zum Avancement Cantellis in Mailand trug auch eine viel gelobte Einstudierung von Mozarts Così fan tutte im Jänner 1956 bei. In einer von Elisabeth Schwarzkopf angeführten Luxus-Besetzung zelebrierte Cantelli hintergründige Komödiantik in kleinteiligster Feinzeichnung, aber - wie in seinen symphonischen Aufnahmen - mit Gefühl für große Linie und ein Musizieren quasi »legatissimo«.
Der Mitschnitt des Premierenabends zum Auftakt des Mozartjahrs ist, wiewohl technisch dürftig, über die Jahrzehnte hin auf unterschiedlichen Labels veröffentlicht worden.

Elisabeth Schwarzkopf
Nan Merriman
Franco Calabrese




↑DA CAPO