*** SINKOTHEK ** Diskographie ***

KARL BÖHM
Die symphonischen Aufnahmen

Karl Böhm war "Generalmusikdirektor Österreichs". Ein Ehrentitel, den man nur ihm verliehen hat und der zeigt, für wie bedeutend man den Dirigenten hielt. Zwar: Von seinem Posten als Direktor der Staatsoper hat man Böhm rasch vertrieben, weil er, wie er in einem Interview sagte, nicht daran dachte, seine internationale Karriere der Wiener Oper zu opfern.

Trotzdem sind einige der Sternstunden in der jüngeren Geschichte des Hauses am Ring mit seinem Namen verbunden. Man war damals geneigt, ihn eher als Musiktheatermann denn als Symphoniker mit Höchstnoten zu bewerten, denn in Musikverein und Konzerthaus dominierten eher fashionable Pultvirtuosen vom Rang Karajans oder Bernsteins, während die klassisch-ruhige, kapellmeisterlich klare Schlagtechnik Böhms wenig glamourösen Effekt machte. Entsprechend still ist es nach Böhms Tod (1981) um sein Aufnahmevermächtnis geworden.

Vielleicht ändert sich das nun, da einige der wichtigen Einspielungen wieder in den Handel kommen. Immerhin: Sämtliche Symphonien von Mozart, Beethoven, Brahms und Schubert hat Böhm mit den Wiener bzw. den Berliner Philharmonikern für DG aufgenommen.
Und es mag sein, daß sich unser Mozart-Verständnis unter der Einwirkung der Originalklang-Doktrin doch zu stark gewandelt hat, als daß man den Einspielungen jenen Reverenzrang noch zuschreiben möchte, den sie damals hatten: Böhm galt als der Mozart-Interpret schlechthin. Um das im Rückblick fair zu bewerten müssen noch ein paar Jahre vergehen.

Schubert, Beethoven, Brahms. Der Rest der DG-Box dürfte auch jüngere Hörer aufhorchen lassen. Die Wiedergabe von Schuberts Großer C-Dur-Symphoniemit den Berlinern hatte seinerzeit Kultstatus und könnte den in ihrer ruhigen Größe wieder erringen.
Und die Wiener Aufnahmen der Beethoven- und Brahms-Symphonien kann beim Wiederhören auch einen überraschen, der sie schon einst für kaum übertrefflich gehalten hat.
Die Mixtur aus edler Klangkultur und struktureller Transparenz, die Sicherheit, mit der dramaturgische Vorgänge entwickelt und ihren Höhepunkten zugeführt werden, lassen staunen. Gewiß gibt es von einzelnen der Symphonien fulminantere Aufnahmen; die Zyklen als Ganze sind kaum je so stimmig und souverän im Studio dargestellt worden. Als Zugabe in der Brahms-Edition neben den Haydn-Variationen und der Tragischen Ouvertüre: eine von Christa Ludwig gesungene Altrhapsodie, die zum Schönsten gehört, was die philharmonische Aufnahmehistorie zu bieten hat.

Karl Böhms magistrale Symphonien-Edition: Da steckt mehr Leidenschaft darin als der Nachruhm wahrhaben möchte!

↑DA CAPO