Mai 2011
Dietfried Bernet
Erinnerungen an einen musikalischen Feuerkopf
Dietfried Bernet war ein unverwechselbarer Charakter: Sein Temperament, das manchmal überschäumte, machte ihn auch unberechenbar.
Die Meistersinger? Wie konnte man zweifeln, dass er, der altgediente Kapellmeister der Wiener Schule, die Meistersinger "draufhatte"? "In Wahrheit", gestand mir Dietfried Bernet später einmal freimütig, "hatte ich das Stück nie dirigiert, als ich damals spontan zusagte." Es ging um eine Rettungsaktion, um eine Premiere, der quasi über Nacht während der Schlussproben der Dirigent abhandengekommen war.
Bernet kam, dirigierte und war der Held des Abends. Mochte er auch die "Meistersinger" nie dirigiert haben, so hatte er doch nicht wirklich gelogen: Seinen Wagner kannte er. Mit Betonung auf Wagner, aber auch auf dem Wörtlein "seinen".
Vor allem wusste Dietfried Bernet immer, wie das Orchester klingen sollte. Manchmal wusste er es zu genau, und vor allem konnte er sich unbändig darüber ärgern, wenn während der Vorstellung etwas nicht ganz nach seinen Vorstellungen lief.
Dann spürte man die Zornwallungen förmlich, der Feuer- wurde zum Rappelkopf, und der riskierte lieber, alle ein wenig durcheinanderzubringen, als dass er den von ihm imaginierten Klang verraten hätte: Wenn die Intensität nicht stimmte, dann war das nicht seine Musik. Das Überschäumende seines Temperaments, das Darüber-hinaus-Wollen, hat ihm manche Probleme bereitet. Privat wie beruflich.
Einfach hat er es den Musikern so wenig gemacht wie sich selbst. Deshalb gab es Phasen in der Karriere dieses Mannes, der als jugendliche Hoffnung schon mit 24 den Orchestergraben der Staatsoper stürmte, in denen der Stillstand drohte.
Bernet forderte immer alles und noch mehr - und sagte, was er von denen hielt, die seiner Meinung nach dem Erreichen dieses künstlerischen Ziels entgegenstanden. So macht man sich nicht unbedingt Freunde.
Dennoch sorgten die verschiedenen "Comebacks" von Bernet immer wieder für Staunen und immer für ziemlich heftige Bewegung - ob er in Londons Covent-Garden-Oper Mozart oder an der Wiener Volksoper Schreker, im Haus am Ring Wagner oder in Innsbruck, wohin ihn Brigitte Fassbaender holte, Richard Strauss' "Frau ohne Schatten" dirigierte.
Er mag ein unbequemer Zeitgenosse im Tagesbetrieb der Musikwelt gewesen sein. Aber er war einer, der das Publikum zu packen verstand und jene Überzeugung weiterzugeben wusste, die für ihn offenkundig die effektivste Triebfeder war: Musik darf niemanden und niemals kaltlassen.
Andererseits: Vor Kurzem noch hat Dietfried Bernet ein Buch veröffentlicht, ein "Plädoyer für den Mann im Frack", in dem er anschaulich die Grundlagen des Dirigentenberufs analysiert hat - sachlich und geradezu kühl reflektiert. Das konnte er auch. Am 23. Mai 2011 ist dieser Unberechenbare 71-jährig gestorben.
Die Meistersinger? Wie konnte man zweifeln, dass er, der altgediente Kapellmeister der Wiener Schule, die Meistersinger "draufhatte"? "In Wahrheit", gestand mir Dietfried Bernet später einmal freimütig, "hatte ich das Stück nie dirigiert, als ich damals spontan zusagte." Es ging um eine Rettungsaktion, um eine Premiere, der quasi über Nacht während der Schlussproben der Dirigent abhandengekommen war.
Bernet kam, dirigierte und war der Held des Abends. Mochte er auch die "Meistersinger" nie dirigiert haben, so hatte er doch nicht wirklich gelogen: Seinen Wagner kannte er. Mit Betonung auf Wagner, aber auch auf dem Wörtlein "seinen".
Vor allem wusste Dietfried Bernet immer, wie das Orchester klingen sollte. Manchmal wusste er es zu genau, und vor allem konnte er sich unbändig darüber ärgern, wenn während der Vorstellung etwas nicht ganz nach seinen Vorstellungen lief.
Dann spürte man die Zornwallungen förmlich, der Feuer- wurde zum Rappelkopf, und der riskierte lieber, alle ein wenig durcheinanderzubringen, als dass er den von ihm imaginierten Klang verraten hätte: Wenn die Intensität nicht stimmte, dann war das nicht seine Musik. Das Überschäumende seines Temperaments, das Darüber-hinaus-Wollen, hat ihm manche Probleme bereitet. Privat wie beruflich.
Einfach hat er es den Musikern so wenig gemacht wie sich selbst. Deshalb gab es Phasen in der Karriere dieses Mannes, der als jugendliche Hoffnung schon mit 24 den Orchestergraben der Staatsoper stürmte, in denen der Stillstand drohte.
Bernet forderte immer alles und noch mehr - und sagte, was er von denen hielt, die seiner Meinung nach dem Erreichen dieses künstlerischen Ziels entgegenstanden. So macht man sich nicht unbedingt Freunde.
Dennoch sorgten die verschiedenen "Comebacks" von Bernet immer wieder für Staunen und immer für ziemlich heftige Bewegung - ob er in Londons Covent-Garden-Oper Mozart oder an der Wiener Volksoper Schreker, im Haus am Ring Wagner oder in Innsbruck, wohin ihn Brigitte Fassbaender holte, Richard Strauss' "Frau ohne Schatten" dirigierte.
Er mag ein unbequemer Zeitgenosse im Tagesbetrieb der Musikwelt gewesen sein. Aber er war einer, der das Publikum zu packen verstand und jene Überzeugung weiterzugeben wusste, die für ihn offenkundig die effektivste Triebfeder war: Musik darf niemanden und niemals kaltlassen.
Andererseits: Vor Kurzem noch hat Dietfried Bernet ein Buch veröffentlicht, ein "Plädoyer für den Mann im Frack", in dem er anschaulich die Grundlagen des Dirigentenberufs analysiert hat - sachlich und geradezu kühl reflektiert. Das konnte er auch. Am 23. Mai 2011 ist dieser Unberechenbare 71-jährig gestorben.