Wanda Landowska
1879 - 1959

Wie auch immer: Wanda Landowska wurde zu einer Pionierin, deren Aufnahmen nach wie vor verraten, was die Zeitgenossen an ihren Interpretationen so fasziniert hat. Landowska ging mit der Neugier eines guten Opernregisseurs an die »Libretti« heran, die sie in den Notenausgaben barocker Musik vorfand: Nicht selten sprach sie etwa von bestimmten Scarlatti-Sonaten als »Miniaturdramen« und spielte sie auch mit entsprechender Verve und Erzählfreude: Wie eine gute Rezitatorin entlockte sie der Stimme ihres Instruments die unglaublichsten Schattierungen.
Jugend in Warschau und Berlin
Wanda Landowska stammte aus (dem damals zum Zarenreich gehörenden) Warschau und spielte bereits als Kleinkind Klavier. Ihre pianistische Ausbildung am Warschauer Konservatorium konnte sie schon mit 14 Jahren abschließen, um nach Berlin zu gehen und Komposition zu studieren. Schon in dieser Zeit beschäftigte sie sich intensiv mit der damals völlig im Schatten der Rezeption klassischer und romantischer Musik liegenden Ära das Barock und begann bald, ihr Wissen weiterzugeben.Paris
Unterrichtet hat Landowska zunächst an der Berliner Musikhochschule, dann in Basel und ab 1920 an der im Jahr zuvor von Alfred Cortot gegründeten Pariser École Normale de Musique. Ihr Engagement traf den Nerv der Zeit: Bald war ihr Rat so gefragt, daß sie eine eigene Schule in Saint-Leu-la-Forêt (Argenteuil) gründen konnte, deren Sommerkurse gestürmt wurde. Nicht nur unter Kennern und Musikstudenten war die Landowska ein Begriff geworden. Auch die neuen Schallplattengesellschaften machten Aufnahmen von Cembalomusik für Schellack, was damals noch als Kuriosum galt, sich aber gut verkaufen ließ.Musik von de Falla und Poulenc
Die eng mit Landowskas Namen verknüpfte Cembalo-Mode inspirierte auch zeitgenössische Komponisten. Manuel de Falla schrieb 1926 sein Cembalo-Konzert für sie, kurz darauf Francis Poulenc das Concert champêtre.Die Bach-Pionierin

Enteignung und Exil
Die Besetzung Frankreichs durch die deutsche Wehrmacht führte 1940 zur Enteignung von Landowskas Vermögen. Ihre gesamte Sammlung an Manuskripten, Drucken und Instrumenten wurde nach Berlin gebracht, während sie (ihr Paß wies sie immer noch als polnische Staatsbürgerin aus) unter Todesgefahr aus Paris flüchten mußte, um über Lissabon nach Amerika zu gelangen. Die Sammlung Landowskas wurde im Bombenkrieg großteils zerstört. Die Künstlerin fand in den USA eine neue Heimat, sie konzertierte und unterrichtete bis in die frühen Fünfzigerjahre.Aufnahmen

Von Mozartschen Klaviersonaten hat Landowska Anfang der Fünfzigerjahre auf einem großen Steinway gemacht - und demonstriert, wie man aus dem Instrument eine ungeahnte Variantenbreite von dynamischen und artikulatorischen Nuancen herausholen kann. Bemerkenswert in ihrer Dringlichkeit und inneren Dramatik auch die Einspielung von Beethovens Trauermarsch-Sonate (op. 26), die noch aus den frühen Aufnahmesitzungen für Welte-Mignon-Klavierrollen stammt.


