Emanuel Feuermann
1902 - 1942
Was für ein großer Künstler Emanuel Feuermann doch war! Sein früher Tod war ein großer Verlust für die Musik.Der berühmteste Cellist der Welt, Casals, hatte in den Ohren seiner Zeitgenossen lediglich einen wirklichen Konkurrenten. Ein englischer Kritiker formulierte es Anno 1938 so:Pau Casals
I do not think there can any longer be doubt that Feuermann is the greatest living cellist, Casals alone excepted...In Feuermann we have a spectacular virtuosic artist of the front rank, the Wieniawski, shall I say, of the cello.Casals war, wenn man der anekdotischen Überlieferung glauben darf, die immerhin Feuermann selbst in die Welt gesetzt hat, für die Karriere des jüngeren Kollegen verantwortlich: Eine Aufführung von Joseph Haydns D-Dur-Cellokonzert soll den Ausschlag gegeben für den Wunsch, Cellist zu werden, gegeben haben. Der Ehrgeiz und die Liebe zu diesem Instrument müssen grenzenlos gewesen sein: Ein Jahr später, also mit elf Jahren, war Feuermann virtuos genug, um an der Seite seines drei Jahre älteren, geigenden, offenbar nicht minder begabten Bruders Sigmund, eines Sevcik-Schülers, mit den Wiener Philharmonikern das Doppelkonzert von Brahms zu spielen. Damit reisten die beiden in den damals noch habsburgischen Landen und gaben Wohltätigkeitskonzerte - eines etwa im April 1914 in Olmütz, dessen Programm neben dem Brahms-Werk auch Soloauftritte beider Künstler nannte: Sigmund spielte Paganini, Emanuel das a-Moll-Konzert von Camille Saint-Saens. Ein Rezensent in Graz beschrieb Emanuel damals als
Knirps, der nicht einmal zur Schneck seines Cellos reicht ... zu seinem frühreifen technischen Können gesellt sich ... bereits das kommende Verständnis...
Die entscheidende künstlerische Prägung erfuhr Feuermann dann durch den berühmtesten Lehrer seiner Generation, Julius Klengel in Leipzig, der seinen exzellenten Studenten schon im Alter von 17 Jahren zu einer Professur an der Kölner Musikhochschule empfahl.
Die »Signale für die musikalische Welt« schrieben über einen Auftritt des gerade 20jährigen in Berlin:
... die Sicherheit der schwierigen Techniken, das Staccato der chromatisch aufsteigenden Oktaven, die Weichheit des Klanges in den höchsten Lagen der A-Saite wie im Wettbewerb mit dem Geigenton, auch bei starker Beweglichkeit, die Klarheit und Schönheit der meist stiefmütterlich behandelten Tiefe, die außerordentliche Gewandtheit im akkordlichen und doppelgriffigen Spiel, die Sicherheit des Flageolets auch in Doppelgriffen, alles das wird getragen von starker musikalischer Empfindung, der man anmerkt, daß sie im Begriff ist, dieses Können künstlerisch sich dienstbar zu machen.
In Köln fungierte Feuermann dann einige Zeit als Solocellist des Gürzenich-Orchesters, um sich aber bald nur noch seiner Solistenkarriere zu widmen.
Nach seiner Übersiedlung nach Berlin, wo er Professor an der Musikhochschule wurde, musizierte Feuermann in einer legendären Streichtrio-Kombination mit Szymon Goldberg, dem philharmonischen Konzertmeister, und dem Komponisten Paul Hindemith an der Bratsche. Eine exzellente Wiedergabe von Beethovens Serenade op. 8 und Hindemiths Zweites Streichtrio von 1934 entstanden als Schellack-Aufnahmen.
Mit Hindemith zerkrachte sich Feuermann in jenen Jahren, in denen beide in die USA emigriert waren, weil der Komponist sein Cellokonzert nicht ihm, sondern dem Konkurrenten Gregor Piatigorsky zur Uraufführung überlassen hatte. Zwischen Feuermann und Piatigsorsky bestand eine gewisse Rivalität, seit Feuermann Piatigorskys Stelle in der Trioformation mit Leonid Kreutzer und Josef Wolfsthal in Berlin 1928 übernommen hatte.
Er selbst hatte seinen Status als bedeutendster Cellist der Welt - neben Casals - unter anderem durch eine Konzertreihe untermauert, in der er an vier Abenden 13 verschiedene Cellokonzerte aufführte.
Kammermusik machte Feuermann in seiner amerikanischen Zeit unter anderem in illustrer Besetzung mit Jascha Heifetz und Artur Rubinstein - die drei haben ein fulminantes Erzherzogstrio aufgenommen. (HMV/Warner)
Mit Heifetz nahm Feuermann in Philadelphia unter Eugene Ormandy eine der besten Interpretationen des Brahms-Doppelkonzerts auf, die je entstanden sind. Der gemeinsame »Gesang« der beiden Solisten im Mittelsatz ist von erlesener Schönheit.
Emanuel Feuermann starb nach einer im Prinzip harmlosen Operation im Alter von 39 Jahren.