Der Corregidor
Hugo Wolf
Rosa Mayreder nach Alarcon.
Der leidenschaftliche Wagnerianer Hugo Wolf litt sein Leben lang darunter, daß ihm offenbar ein immenses Talent für die vielfältig differenzierte Kleinform des Liedes geschenkt war, aber nicht der Zug zum großen Drama. Seine Lust, doch auch einmal eine Oper zu schreiben, war dennoch groß genug, sich Mitte der Neunzigerjahre des XIX. Jahrhunderts einem Libretto zuzuwenden, das er wenige Jahre zuvor noch als völlig unzulänglich abgelehnt hatte: Rosa Mayreder hatte ihm ihren Vierakter nach Alarcons Corregidor 1890 unaufgefordert zugesandt, Wolf hatte den Text beiseitegelegt - 1894 aber doch noch einmal erwogen; und in einem Zug vertont.
Die Dramaturgie könnte ungeschickter nicht sein: Mayreder übernimmt von der Vorlage etliche Personen, die für den Gang der Handlung völlig unerheblich sind. Sie vermeidet breit angelegte Szenen, sondern setzt auf eine Art »Konversationsstück«, ausgedehnt auf zweieinhalb Stunden, was Manuel de Falla auf vierzig Minuten seiner Ballettmusik zum Dreispitz dramaturgisch vollkommen stimmig konzentriert hat.
Hugo Wolf blieb angesichts des bilder- und pointenreichen Textes bei seiner Bestimmung: Er komponierte jedes Detail von Stimmungs- und Charakternuancen, wie er es bei der Vertonung von Gedichten stets getan hatte. Hie und da verdichtet sich das Geschehen dann doch zu - weniger arien- als liedhaften - Einlagen. Insgesamt nimmt sich das Werk aus wie eine brillant orchestrierte Neuauflage des Italienisches Liederbuchs mit all dessen Raffinement und dialogischem Potential.
Die Musik ist freilich von einer Qualität, die jene vollkommene Ignoranz Lügen straft, die dem Werk gegenüber in den Intendantenbüros der Opernwelt herrscht . . . Gute Sängerdarsteller können aus dem Gebotenen allerhand machen, sofern man nicht auf einen allzu stringenten Ablauf von Bühnenereignissen erpicht ist. Die weibliche Hauptfigur, Frasquita, darf als »Strohwitwe« nach der Verhaftung ihres Mannes gleich ein kleines Lieder-Recital absolvieren, ehe der Corregidor erscheint, in verführerischer Absicht, wenn auch vollkommen durchnäßt, weil er in den Mühlbach gefallen ist. Die Verwechslungskomödie nimmt ihren Lauf. Zwischendurch erhält der scheinbar gehörnte Ehemann, der Müller, die Möglichkeit zu einem effektvollen Eifersuchts-Monolog - innerhalb des Werks eingefaßt von zauberhaft-innigen Duetten mit seiner schlau-getreuen Ehefrau. Der Monolog ist in seiner Vielschichtigkeit eine der großen Szenen der deutschen Spätromantik; in seiner Gestaltung eher dem Eifersuchts-Monolog des Herrn Ford aus Verdis Falstaff verwandt als an Wagner orientiert - was Wolf vermutlich nicht gern gehört hätte.
Um die auch ddramaturgisch schlagkräftigen musikalischen Fixpunkte herum oszilliert Wolfs Musik wie ein gigantisches Klang-Mosaik von immenser Farbenpracht, illustriert mit unzähigen expressiv-pittoresken Details.
Erst 1979 entstand in Berlin - unter Gerd Albrecht, wiederum kapellmeisterisch nicht ideal betreut und unsensible gekürzt - eine Stereo-Aufnahme in edelster Besetzung. Eine wirklich perfekte (und vor allem ungekürzte!) Aufnahme, die auch die orchestrale Meisterschaft der Partitur hörbar macht, steht zwar nach wie vor aus: Aber mit der quriligen Doris Soffel als Frasquita, dem exzellent disponierten Werner Hollweg in der Titelpartie und Dietrich Fischer-Dieskau als Müller bleiben die Vokalleistungen Wolfs Anforderungen nichts schuldig. Zumal auch die kleineren Partien mit Interpreten wie Helen Donath oder Peter Maus und Victor von Halem liebevoll besetzt sind. (Acanta/Koch)
Die Dramaturgie könnte ungeschickter nicht sein: Mayreder übernimmt von der Vorlage etliche Personen, die für den Gang der Handlung völlig unerheblich sind. Sie vermeidet breit angelegte Szenen, sondern setzt auf eine Art »Konversationsstück«, ausgedehnt auf zweieinhalb Stunden, was Manuel de Falla auf vierzig Minuten seiner Ballettmusik zum Dreispitz dramaturgisch vollkommen stimmig konzentriert hat.
Hugo Wolf blieb angesichts des bilder- und pointenreichen Textes bei seiner Bestimmung: Er komponierte jedes Detail von Stimmungs- und Charakternuancen, wie er es bei der Vertonung von Gedichten stets getan hatte. Hie und da verdichtet sich das Geschehen dann doch zu - weniger arien- als liedhaften - Einlagen. Insgesamt nimmt sich das Werk aus wie eine brillant orchestrierte Neuauflage des Italienisches Liederbuchs mit all dessen Raffinement und dialogischem Potential.
Die Musik ist freilich von einer Qualität, die jene vollkommene Ignoranz Lügen straft, die dem Werk gegenüber in den Intendantenbüros der Opernwelt herrscht . . . Gute Sängerdarsteller können aus dem Gebotenen allerhand machen, sofern man nicht auf einen allzu stringenten Ablauf von Bühnenereignissen erpicht ist. Die weibliche Hauptfigur, Frasquita, darf als »Strohwitwe« nach der Verhaftung ihres Mannes gleich ein kleines Lieder-Recital absolvieren, ehe der Corregidor erscheint, in verführerischer Absicht, wenn auch vollkommen durchnäßt, weil er in den Mühlbach gefallen ist. Die Verwechslungskomödie nimmt ihren Lauf. Zwischendurch erhält der scheinbar gehörnte Ehemann, der Müller, die Möglichkeit zu einem effektvollen Eifersuchts-Monolog - innerhalb des Werks eingefaßt von zauberhaft-innigen Duetten mit seiner schlau-getreuen Ehefrau. Der Monolog ist in seiner Vielschichtigkeit eine der großen Szenen der deutschen Spätromantik; in seiner Gestaltung eher dem Eifersuchts-Monolog des Herrn Ford aus Verdis Falstaff verwandt als an Wagner orientiert - was Wolf vermutlich nicht gern gehört hätte.
Um die auch ddramaturgisch schlagkräftigen musikalischen Fixpunkte herum oszilliert Wolfs Musik wie ein gigantisches Klang-Mosaik von immenser Farbenpracht, illustriert mit unzähigen expressiv-pittoresken Details.
Aufnahmen
Die lange Zeit einzige erhältliche Aufnahme stammte aus den letzte Monaten des Zweiten Weltkriegs: In Dresden kam ein Ensemble um den gediegenen Lied-Interpreten Karl Erb in der Titelpartie zusammen. Nicht einmal der vorgesehene Dirigent, Karl Ellmendorf, war in den Kriegswirren zur Stelle. Er wurde im letzten Moment durch Kurt Striegler ersetzt - was zu verwirrenden Fehlangaben auf vielen gaben dieser Aufnahme geführt hat. Die Kopien dieses Rundfunkbandes, die für LP-Ausgaben genutzt wurden, waren in beklagenswertem Zustand; obwohl Sänger wie Georg Hann, Gottlob Frick oder Kurt Böhme fabelhafte Einzelleistungen bieten...Erst 1979 entstand in Berlin - unter Gerd Albrecht, wiederum kapellmeisterisch nicht ideal betreut und unsensible gekürzt - eine Stereo-Aufnahme in edelster Besetzung. Eine wirklich perfekte (und vor allem ungekürzte!) Aufnahme, die auch die orchestrale Meisterschaft der Partitur hörbar macht, steht zwar nach wie vor aus: Aber mit der quriligen Doris Soffel als Frasquita, dem exzellent disponierten Werner Hollweg in der Titelpartie und Dietrich Fischer-Dieskau als Müller bleiben die Vokalleistungen Wolfs Anforderungen nichts schuldig. Zumal auch die kleineren Partien mit Interpreten wie Helen Donath oder Peter Maus und Victor von Halem liebevoll besetzt sind. (Acanta/Koch)