Pimpinone oder:
Die ungleiche Heirat

Georg Philipp Telemann

Hamburg, 1725
PERSONENVespetta, Stubenmädchen (Sopran) – Pimpinone, ein alter Junggeselle (Baß).

Anfang des XVIII. Jahrhunderts


Libretto: Johann Philipp Praetorius nach Pietro Pariatis Vespetta e Pimpinone, vertont von Tommaso Albinoni, 1708.

Pimpinone ist ein echtes Intermezzo, kam also in den Akt-Pausen einer Opera seria, zuerst vermutlich von Händels Tamerlano zur Aufführung.

HANDLUNG

1. Teil
Die hübsche Vespetta ist auf der Suche nach einem neuen Herrn und möchte eine gute Partie machen. Der alte, ebenso reiche wie einfältige Pimpinone sucht gerade ein Kammermädchen, aber eines, das nicht nur hinter seinem Geld her ist.

Vespetta weiß ihre Vorzüge so klug zu preisen, daß die beiden rasch handelseins werden. Vespetta darf sogar die Höhe ihres Lohn selbst festsetzen.

2. Teil
Es dauert nicht lange, und Pimpinone ist bis über beide Ohren in Vespetta verliebt. Selbst den Schlüssel zum Geldschrank vertraut er ihr an. Nun droht Vespetta, ihn zu verlassen, denn ihre Ehre stehe auf dem Spiel: In der Stadt beginnt man schon über die beiden zu tuscheln. Da sie aber verspricht, stets sparsam zu wirtschaften und immer zu gehorchen, ist Pimpinone nicht abgeneigt, sie zu ehelichen. Er überschreibt ihr ein kleines Vermögen als Mitgift. Vespetta triumphiert – Pimpinone freut sich auf die Hochzeit mit seiner jungen Braut.

3. Teil
Doch der erste Ehestreit ist vorprogrammiert. Vespetta führt das Leben einer feinen Dame und denkt nicht daran, ihrem Gemahl Rechenschaft über ihren Tagesablauf zu geben. Vor allem möchte sie sich nicht daheim langweilen. Auf Pimpinoes Einwand, er könnte es ja ebenso halten, setzt es eine Ohrfeige. Die Drohung, ihre Mitgift einzuklagen, bringt Pimpinone zu der Einsicht, es sei besser, Vespetta gewähren zu lassen.

Pimpinone war einer der frühesten Erfolge Telemanns als Leiter der Hamburger Oper am Gänsemarkt. Das Sujet gehört zu den ältesten Theater-Geschichten überhaupt - es kehr verwandelt auch später, etwa in Pergolesis La serva padrona, Donizettis Don Pasquale oder Richard Strauss' Die schweigsame Frau immer wieder auf die Opernbühne zurück.

Erstaunlich für die Nachgeborenen, aber ganz üblich in Hamburg während jener Jahre: Die Gepflogenheit, Arien im italienischen Originaltext zu singen, die handlungstragenden Rezitative und Duette aber in der Deutschen Übersetzung von Praetorius.

Telemann gelang mit diesem Werk eine amüsante Komödie voll von hintergründigem Witz und oft kabarettreifem Pointenreichtum. Der absolute Höhepunkt ist erreicht, wenn Pimpinone mit wechselnden Stimmen mit sich selbst das »Kaffeetanten-Terzett« anstimmt:
Ich weiß, wie man redet
ich weiß, wie man's macht:
»Verehrteste Gevatterin, wie geht es dir?«
- »Danke leidlich.« -
Und dann geht es los . . .

Rainer Süß als Pimpinone (Berlin Classics)




Leider ist die zwei Jahre später enstandene Fortsetzung des Kassenschlagers, Die Amours der Vespetta oder: Der Galan verlorengegangen. In der Aufführungsgeschichte hat man des öfteren versucht, das Werk durch Einfügung von Szenen aus anderen Stücken zu einer abendfüllenden Oper zu machen.

Rainer Süß hat in der DDR-Produktion des Werks von 1966 mit der Staatskapelle Berlin unter Helmut Koch die Titelpartie mit hinreißender Komödiantik gestaltet. (Berlin Classics)



↑DA CAPO