Der Sturm
Frank Martin
Wien, 1956
PERSONEN
Prospero, Herzog von Mailand – BaßMiranda, Prosperos Tochter – Sopran
Antonio, Prosperos Bruder – Tenor
Alonso, König von Neapel – Baß
Sebastian, Alonsos Bruder – Bariton
Ferdinand, Alonsos Sohn – Tenor
Gonzalo, ein napoleonischer Höfling – Baß
Adrian, ein Höfling – Tenor
Trinculo, Alonsos Hofnarr– Tenor
Stephano, Alonsos Diener– Bariton
Caliban, ein Ungeheuer – Baß
Schiffsmeister – Baß
Bootsmann – Bariton
Die Insel des Prospero, 17. Jahrhundert
HANDLUNG
1. Akt
Alonso, sein Bruder Sebastian, sein Sohn Ferdinand und eine Gesellschaft von Adeligen werden auf See von einem Sturm überrascht. Auch Antonio befindet sich an Bord. Er hat vor Jahren die Krone von Mailand seinem Bruder Prospero entrissen, den er mit seiner Tochter Miranda auf dem Meer aussetzen ließ.
Die Schiffbrüchigen stranden nun auf eben jener Insel, die einst auch Prospero und Miranda aufnahm.
Prospero ist zu einem mächtigen Magier geworden und hat den Sturm entfesselt, der ihm nun seine Feinde zuführt.
Nun ruft er den Luftgeist Ariel und das tierische Monster Caliban herbei. Ariel führt Ferdinand Miranda zu - die beiden verlieben sich ineinander.
2. Akt
Alonso beklagt, von den anderen Schiffbrüchigen verspottet, den Verlust seines Sohnes. Während Ariel unsichtbar musiziert, verfallen alle in tiefen Schlaf. Nur Antonio und Sebastian bleiben wach - und räsonieren: Würde Sebastian seinen Bruder töten, hätte er Anrecht auf den Thron Neapels. Doch Ariel weckt die Schlafenden. Alle machen sich auf, Ferdinand zu suchen. -- Caliban begegnet den betrunkenen Gefolgsleuten Alonsos, Stephano und Trincoclo. er hält sie für Gottheiten und will ihnen dienen. -- Ferdinand und Miranda schwören einander ewige Liebe. Prospero ist zufrieden. --Caliban wälzt einen Plan, Prospero im Schlaf zu töten. Da sät Ariel Zwietracht zwischen ihm und Trinculo, verzaubert aber alle mit seiner herrlichen Musik --- Ferdinand hat die Hoffnung aufgegeben, seine Landsleute zu finden. Sebastian und Antonio erneuern ihren Schwur, Alonso nachts zu töten. Da erscheint Ariel verkleidet und prophezeit: Die Gerechtigkeit werde die Verschwörer vernichten wie einst Antonio versucht hat, Prospero zu zerstören.
3. Akt
Prospero bezaubert Ferdinand und Miranda mit der Vorspiegelung einer idyllischen antiken Szene, die sogleich verblaßt, als es gilt, die Intrige Calibans zu vereiteln. Die drei Verschwörer werden von Jagdhunden gestellt. -- Auch die drei adeligen Verräter geraten in Gefangenschaft. Prospero will allen verzeihen, die sich gegen ihn erhoben haben. Vor allem will er der Magie entsagen und versenkt sein Zauberbuch im Meer. Danach gibt sich als Herzog von Mailand zu erkennen, enthüllt, daß der tot geglaubte Ferdinand noch lebt. Er bittet alle nach Neapel zur Feier der Hochzeit Ferdinands und Mirandas. Seinen Thron wird er wieder besteigen. Ariel entläßt er in die Freiheit.
Im Epilog bittet Prospero die Zuschauer, ihn nun durch Applaus von seiner Insel zu befreien.
Melodik und Harmonik des Werks sind unverwechselbar von Martins ureigener Anverwandlung der Schönberg'schen Zwölftonmethode gekennzeichnet: Martin verbindet die serielle Reihentechnik mit einer von Dur- und (hauptsächlich) Moll-Dreiklängen gestützten Harmonik, die dem Hörer durchwegs Beziehungen zu Grundtönen suggeriert. Auch wenn diese Grundtöne oft rasch wechseln, stellt sich ein Gefühl für die eigene Poesie dieser Klangsprache ein, die für zartere Momente wie die Dialoge zwischen den Liebenden, ebenso Farben und Formen findet wie für die magischen Momente in den Auftritten des Prospero. Die rüpelhaften Szenen um die Dienerschaft und den tölpelhaften Caliban finden ihre musikalische Umsetzung in entsprechend rauhen Klangbildern - häufig von den Blechbläsern dominiert.
Für die elfenhafte Figur des Ariel erfand Martin ein Klangmuster, das durch die Instrumentation mit Cembalo, hohen Holzbläsern, hohen Blechbläsern, Harfe und Streicher charakterisiert ist; überdies singt der Chor Ariels Part, während ein Tänzer die Figur darzustellen hat.
Für den Konzertgebrauch hat Martin eine dreisätzige Suite zusammengestellt, in der auf die große Ouvertüre zwei Monologe des Prospero folgen. Der Komponist selbst dirigierte eine Schallplattenaufnahme mit den Berliner Philharmonikern, in der Dietrich Fischer-Dieskau, dem ursprünglich die Partie zugedacht war, den Gesangspart übernahm. (DG)