Der Bajazzo

Ruggero Leoncavallo (Mailand, 1892)

Text vom Komponisten

PERSONEN DER HANDLUNG Nedda (Colombina) Komödiantin, Canios Frau (Sopran) – Canio (Pagliaccio), Prinzipal einer Komödiantentruppe (Tenor) – Tonio (Taddeo), Komödiant (Bariton) – Beppo (Arlecchino), Komödiant (Tenor) – Silvio, ein Bauer (Bariton) – Zwei Bauern (Baß, Tenor)

Kalabrien, Mariae Himmelfahrtstag, 1865 - 1870.

Prolog

Tonio erscheint vor dem Vorhang. und verkündet dem Publikum, das folgende Spiel seine keine Dichter-Fantasie. Er handele vom wirklichen Leben, von wirklichen Gefühlen und Leidenschaften.

Erster Akt

Jubelnd begleiten die Dorfbewohner den Einzug der Komödianten. Canio sein Publikum zur abendlichen Vorstellung.
Un grande spettacolo
Dem buckligen Tonio versetzt Canio eine Ohrfeige, als er Nedda beim Absteigen vom Wagen zu helfen versucht. Tonio schwört dem eifersüchtigen Prinzipal Rache. Canio verbittet sich wütend alle Scherze der Bauern auf Kosten seiner Frau. Eine Liebesaffaire, wie sie sie auf der Bühne darzustellen habe, würde ihr in der Realität nicht gut bekommen!

Man bricht auf zur Vesper. Nedda, allein, hadert mit Canios Eifersucht, singt aber unbefangen das Lied ihrer Mutter vom freien Flug der Vögel
Qual fiamma . . . Stridono lassù
Tonio schleicht herbei und bedrängt Nedda - wofür sie ihn mit der Peitsche züchtigt.

Nun erscheint Silvio, dem Nedda wirklich zugetan ist. Er drängt sie, mit ihm ein neues Leben zu beginnen.
Duett. Non mi tentar
Tonio hat die beiden belauscht und ruft Canio, der versucht, Silvio nachzulaufen. Nedda gibt den Namen des Geliebten nichts preis. Beppo kann den rasenden Canio zurückhalten, sich auf Nedda zu stürzen. Die Vorstellung soll beginnen. Canio macht sich verzweifelt zurecht.
Recitar! . . . Vesti la giubba

Intermezzo
Zweiter Akt

Nedda, schon verkleidet als Colombina, sammelt das Geld ein, während ihr Silvio noch einmal versichert, sie nach der Vorstellung zu erwarten. Der Vorhang geht auf. Die Komödie wiederholt, was das leben zuvor gespielt hat: Colombina (Nedda) erwartet ihren Geliebten Harlekin (Beppo). Tonio ist auch auf dem Theater der von allen verachtete Tölpel Taddeo. Der Bajazzo kehrt überraschend zurückkehrt und hört, wie Colombina dem durchs Fenster verschwindenden Harlekin die gleichen Worte zuruft wie Nedda zuvor Silvio.
Sein und Schein vermischen sich für Canio, der nach dem Namen des Nebenbuhlers fragt. Während Nedda noch versucht, mit der Gavotte der Colombina dem Publikum Theater vorzuspielen, bricht es aus Canio heraus.
No! Pagliaccio non son
Die Zuschauer rasen vor Begeisterung über das lebensechte Theater, das ihnen geboten wird. Doch Canio erdolcht Nedda tatsächlich - und als sie im Todeskampf nach Silvio ruft, ist auch der Liebhaber enttarnt: Er läuft direkt in Canios gezücktes Messer. Das Publikum erstarrt zu Canios Schlußworten:

Das Spiel ist aus.

Das Werk

Den berühmte Prolog hat Leoncavallo auf Wunsch des ersten Interpreten des Tonio, Victor Maurel, nachkomponiert. Er wurde zu einem tönenden Programm des Verismo, dessen berühmtester Vertreter der Bajazzo neben Mascagnis zwei Jahre älterer Cavalleria rusticana geworden ist:
Lebensecht soll die Kunst sein, alle menschlichen Emotionen, Liebe, Haß, Neid, Schmerz und Wut, Lachen und Weinen soll sie ungeschminkt auf die Bühne bringen.
Quellen für den Text sind Catulle Mendès' La femme de Tabarin (1887), dessen Autor postwendend einen Plagiats-Vorwurf erhob.

Die Uraufführung dirigierte der junge Arturo Toscanini Der weltweit führende Interpret der Titelpartie war über viele Jahre Enrico Caruso, der diese Rolle liebte wie viele große Tenöre nach ihm

Richard Tauber war der erste Film-Bajazzo, Jon Vickers hat die Partie unter der Leitung von Herbert von Karajan für eine Filmversion von dessen Mailänder Scala-Inszenierung gesungen.

Franco Zeffirelli schuf eine viel beachtete Film-Fassung mit Placido Domingo und Teresa Stratas unter dem leidenschaftlichen Dirigat von Georges Pretre.
Wie Mascagni gelingt auch Leoncavallo eine raffinierte Mixtur aus geschlossenen Nummern und einer dramatisch-durchkomponierten musikalischen Struktur, in die einzelne Lieder oder Chöre als Teil des optisch-musikalischen Lokal-Kolorits eingelassen sind. Das virtuos komponierte Verfließen von Realität und Bühnenspiel im Finale markierte eine neue Herausforderung für die Opern-Regie.


↑DA CAPO