Das Wunder der Heliane

Erich Wolfgang Korngold


Vielbeachtete Wiederaufführung in Berlin, 2018
(DVD - Naxos)

Symbolistisch, zeittypisch erotisch aufgeladen -- Korngolds ehrgeizigstes Musiktheater-Projekt (1927)

Erich Wolfgang Korngold arbeitet zur Zeit an einer neuen Oper »Das Wunder der Heliane«. Das Textbuch hat Hans Müller nach einem Vorwurf von H. Kaltnecker verfaßt.

So lautete die Zeitungsnotiz im Jahr 1925. Was Korngold tat, wollte Musikfreunde jener Ära wissen. Seit der Uraufführung seiner Toten Stadt war er einer der führenden Opernkomponisten seiner Zeit. Und man wartete auf Novitäten. Gleich nach der Frage: Was komponiert Richard Strauss gerade? bschäftigte man sich auch mit den zu erwartenden Uraufführungen aus Korngolds Feder

Heliane also, eine psychologisierende, symbolistisch verrätselte Parabel von Unterdrückten Sehnsüchten und unterdrückten Volksmassen.

Die Hamburger Uraufführung bescherte dem Komponisten zwar ab dem zweiten Akt kräftige Jubelstürme, doch eine Berliner Einstudierung unter Bruno Walter galt als mißlungen -- und die heraufdämmernde nationalsozialistische Kultur-Politik begann bereits Schatten zu werfen.

REZENSION DER BERLINER PREMIERE
(Die Musik - 1927)

Die Dürre auf dem Opernmarkt hatte zur Folge, daß auch Korngolds »Wunder der Heliane« den Weg nach Berlin, und zwar in die Städtische Oper fand. Freilich, um sehr bald zu verschwinden. Das Schicksal dieser vorläufig letzten Korn- gold-Oper ist ungefähr das der früheren: ihre Laufbahn, zunächst nicht allzu ungünstig, scheitert an dem hartgesottenen Berlin. Das »Wunder der Heliane« muß in Hamburg, in München, besonders aber in Wien bei glän- zender Aufführung stärkeren Widerhall ge- funden haben; in Berlin blieb es trotz Bruno Walter und Karlheinz Martin so wirkungs- schwach, daß es nur einige Male auf dem Zettel stand. Dabei muß doch zugegeben werden, daß in dem Text Hans Müllers nach Kaltneker Wirkungsmöglichkeiten stecken; auch daß der Komponist das Opernschreiben wie kaum einer versteht. Schade nur, daß er so wenig Geschmack hat. Der Mangel an Selbstkritik, die Unfähigkeit, zwischen dem Eigenen und dem Entlehnten, zwischen dem Notwendigen und dem Überflüssigen, zwischen Ausdruck und Leere zu unterscheiden, spielt ihm immer einen verhängnisvollen Streich. Es erübrigt sich daher, dem W erk dieses Hochbegabten ein ausführliches Nachwort zu widmen. Mag auch zugegeben werden, daß Heliane anders, dramatischer, eindrucksvoller als von der lyrisch gestimmten Grete Stückgold dargestellt werden konnte: es bleibt der organische Mangel, ein Überfluß im Überflüssigen, der den Dauererfolg dieser Oper verhindert.



Heliane verschwand rasch von den Spielplänen. Eine erste CD-Gesamtaufnahme im Rahmen der Decca-Serie »Entartete Musik« mit Anna Tomowa-Sintow in der Titelpartie machte um 1990 herum weniger Aufsehen als erhofft. Aber die Inszenierung Christof Loys in Berlin 2017/18 wurde zur Opernpremiere des Jahres gekürt. Ein Mitschnitt liegt auf DVD vor.

PERSONEN DER HANDLUNG

I N H A L T

ERSTER AKT

Leben in der Tyrannei -- Niemand im Land darf glüklich sein, denn der Herrscher ist unglücklich: Er wird von seiner schönen Frau Heliane nicht geliebt. --Ein junger Fremder ist ins Land gekommen, um Lebensfreude zu verbreiten. Er wird verhaftet und zum Tode verurteilt.

Der Tyrann steigt zu dem Gefangenen hinab und versucht ihn zu überzeugen, daß die Menschen nicht reif für das Glück seien. Die einzige Gnade, die er dem Delinquenten erweist, ist die: Für die Nacht vor der Hinrichtung werden ihm die Ketten abgenommen.

Heliane erscheint, um dem Fremden Trost zuzusprechen. Angesichts seiner Güte verwandelt sich ihr Mitleid in Begehren.

Sie entblößt ihren Körper, weigert sich aber, sich dem Fremden hinzugeben. Sie begibt sich in die Kapelle, um für ihn zu beten.

Indes kehrt der Tyrann zurück und bietet dem Fremden die Begnadigung, falls dieser imstand wäre, die Königin zu lehren, ihren Gemahl zu lieben. Als die nackte Heliane wieder erscheint, befiehlt der Herrscher zornig die Vollstreckung des Todesurteils - und die Aklage Helianes.

ZWEITER AKT
Vor Richter, Henker und dem blinden Schwertrichter bekannt Heliane, sich dem Verurteilten nackt gezeigt zu haben. Doch sei es zu einer Vereinigung lediglich in Gedanken gekommen. Der Herrscher will sie zwingen, sich mit seinem Dolch selbst zu töten.

Der Fremde besteht darauf, vor seiner Zeugenaussage kurz mit Heliane unter vier Augen sprechen zu dürfen. Nachdem er sie geküßt hat, entleibt er sich selbst mit dem Dolch. Weil nun die Wahrheit verborgen bleiben muß, befiehlt der Tyrann, Heliane müsse sich einem Gottesurteil stellen. Ist sie unschuldig, würde sie den Fremden wieder zum Leben erwecken können.

DRITTER AKT

Angesichts der Menschenmenge, die sich vor dem Palast versammelt hat, will Heliane die Wiedererweckung vollziehen, bricht jedoch an der Totenbahre zusammen.

Das von einer Botin angestachelte Volk wünscht Heliane auf den Scheiterhaufen. Der Herrscher will der weinenden Heliane, die bekennt, den Fremden geliebt zu haben, begnadigen, wenn sie sich bereit erklärt, endlich ihm anzugehören. Als sie sich verweigert, schleppt die Menge sie an den Pfahl, an dem sie sterben soll.

Unter Donnergetöse erscheinen die Sterne am Firmament und der Tote erhebt sich von der Bahre. Heliane stürzt in seine Arme. Da richtet der Herrscher seine Gattin mit dem Schwert. Doch seine Macht ist gebrochen. Der Fremde verbannt ihn, segnet das von der Tyrannei befreite Volk und steigt mit Heliane zum Himmel empor.

↑DA CAPO

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