Johanna auf dem Scheiterhaufen
Dramatisches Oratorium von Arthur Honegger.
Text: Paul Claudel
Uraufführung: 1938 Basel
Szenisch: Zürich, 1942 (deutsch)
PERSONEN DER HANDLUNG
- Die heilige Johanna
- Bruder Dominik
- Der Herzog von Bedford
- Johann von Luxemburg
- Regnault de Chartres
- Guillaume de Flavy
- Heurtebise / Mühlenwind
- Ein Priester
- La mère aux ton- naux / Mutter Weinfass
- Der Zeremonienmeister – Der Esel
- Ein Schaf
- Die Heilige Jungfrau (Sopran)
- Die heilige Margarete (Sopran)
- Die heilige Katharina (Alt)
- Eine Stimme (Tenor)
- Das Schwein (Tenor)
- 1. Herold (Tenor)
- 2. Herold (Baß)
- Der Geistliche (Tenor)
GESANGSPARTIEN
Prolog
Düsteres Raunen in der Dunkelheit.
Finsternis über Frankreich.
1940
1430
Die Stimmen des Himmels rufen Johanna, die in Ketten auf dem Scheiterhaufen auf ihre Hinrichtung wartet.
Bruder Dominik liest aus einem Buch der Stationen ihres Lebens.
Rückblick
Auf dem Gerichtsprozeß wird Jeannes Tod gefordert. Das Volk, das ihr einst zugejubelt hat, wütend in blindem Haß gegen die Jungfrau.
Der Mönch zeigt Johanna, daß einem Gericht der Tiere ausgesetzt ist: Tiger, Fuchs und Schlange verweigern sich. Der Richter heißt Cochon - das Schwein. Die Schafe sind die Geschwornen. Der Esel führt das Protokoll.
Johanna bekennt: Sie hat die Engländer nicht aus eigener Kraft besiegt. Doch es war nicht der Teufel, der ihr beistand!
Bruder Dominik setzt Jeanne die politischen Hintergründe auseinander: Ein allegorisches Kartenspiel: Der König von Frankreich, begleitet von Ihrer Majestät, der Torheit und der König von England, an der Seite der Hoffart, der Herzog von Burgund mit der Habsucht spielen gegen den Tod, der mit der Wollust erscheint.
Die Könige tauschen ihre Plätze, während die Damen auf ihrer Position verbleiben. Die Buben entscheiden das Spiel: Der Herzog von Bedford, Johann von Luxemburg, Regnault de Chartres und Guillaume de Flavy liefern Johanna an England aus.
Himmlische Stimmen
Johannas Schutzpatroninnen, die Heilige Margarete und die Heilige Katharina erheben ihre Stimme. In einer gloriosen Vision sieht Johanna erlebt noch einmal die Krönung des Königs in Reims vor sich. Norden und Süden, symbolisiert durch den »Mühlenwind« und »Mutter Weinfaß«, sind wieder vereint.
Doch die kritischen Stimmen ertönen wieder. Bruder Dominik fragt nach dem Schwert, das die Jungfrau in der Schlacht führte.
Johanna sieht sich wieder als kleines Mädchen im Dorf Domrémy zurück hört die himmlischen Stimmen: Der Erzengel Michael hat ihr das Schwert verliehen.
Johanna stimmt das lothringische Lied ihrer Jugend an: »Trimazo«
Die Haßausbrüche der wütenden Menge mehren sich wieder - aber die Stimmen des Himmels begleiten die Johanna auf den Scheiterhaufen. Sie weigert sich, den Widerruf zu unterzeichnen. Ihre Ketten fallen ab. Im Glauben an Gottes unendliche Liebe geht sie ins Feuer.
Hintergründe
Die Tänzerin Ida Rubinstein, die 1911 Claude Debussy zu seinem Martyre de Saint Sébastien inspiriert hatte, gab 1934 Honegger den Auftrag zu einem Mysterienspiel über Johanna auf dem Scheiterhaufen. Das formale Vorbild für Honeggers Werk war Igor Strawinskys Oedipus Rex von 1927, zu dem Jean Cocteau den Text geschrieben hatte. Paul Claudel erarbeitete das Libretto zu Jeanne d'arc au bucher in konsequentem Dialog mit dem Komponisten. Die Vertonung war im August 1935 vollendet. Den Prolog fügte Honegger allerdings erst 1944 hinzu, als Frankreich von der deutschen Besatzung befreit war.
Claudel träumte von einer Film-Dramaturgie für sein Werk, arbeitete Bibelzitate ebenso ein wie Sprüche in Küchenlatein. Honegger setzte auf eine neuartige Mischung aus Schauspiel und Oratorium und übertrug Claudels Collagen-Technik auf die Musik, die eine bunte stilistische Mixtur von barocken Formen bis zu Jazz-Anklängen darstellt.
Auch die Harmonik stellt tonale Passagen kühnen akkordischen Schichtungen und illustrativen koloristischen Effekten gegenüber - so malt das elektronische Instrument Ondes Martenot das Heulen der Wölfe in der Nacht.
Aufnahmen
Eine frühe Aufnahme des Werks mit Vera Zorina unter Eugene Ormandy fächert die Farbenpracht beeindruckend auf.Starke Wiedergaben des Werk gelangen Seiji Ozawa im Rahmen einer Tournee mit der schweizerischen Schauspielerin Marthe Keller. Der Aufführung bei den Salzburger Festspielen folgten einige weitere - das Pariser Konzert wurde für CD mitgeschnitten.
↑DA CAPO