Die weiße Dame
10. Dezember 1825, Opéra-Comique (Paris)
(Eugène Scribe)
Musik von François-Adrien Boieldieu
personen der handlung
Georges Brown, Offizier (Tenor)
Gaveston, Schlossverwalter (Bariton)
Anna, sein Mündel (Sopran)
Dikson, Pächter (Tenor)
Jenny, seine Gattin (Sopran)
Marguerite, Georges’ Amme (Mezzosopran)
Mac Irton, Auktionator (Bariton)
Gut und Schloß Avenel,Schottland (1759)
Boieldieus Erfolgsstück ist eine der Veroperungen der Anfang des XIX. Jahrhunderts beliebten Schauergeschichten Walter Scotts, dem wir ja auch Donizettis (bedeutend später entstandene Lucia di Lammermoor verdanken.
Auch die weiße Dame wandelt im schottischen Hochland. Allerdings ist sie nicht dem Wahnsinn verfallen, sondern nutzt ihre gespenstischen Auftritte zum Wohle der Wiedereinsetzung der alten Herrschaft im Schloß.
Der baritonale Bösewicht, der den Herrschaftssitz unter Ausschaltung legitimer Konkurrenz wohlfeil ersteigern will, lässt sich durch die Spukgestalt nicht vertreiben. Doch die nächtliche Erscheinung stachelt den Besitzer, der nichts von seinem Glück ahnt, dazu an, dem Usurpator mutig entgegenzutreten. Das gelingt, es ist ja eine gut gelaunte, wahrhaft komische Oper, von der niemand Geringerer als Carl Maria von Weber gemeint hat, es sei die beste seit Mozarts Figaro.
Ob Boieldieus Dame blanche auch in den Augen der Nachwelt ganz so hoch oben in der historischen Hierarchie siedelt, bleibe dahingestellt. Ein witziges, brillant komponiertes Stück heiterer Musikdramatik ist sie jedenfalls; sie bildete deshalb für manch spätere Opera comique das Vorbild, ist sozusagen eine der Großmütter der Operette.
Als künstlerische Verherrlichung der Restauration wurde Boieldieus melodisches und orchestral ungemein farbenreiches Stück sofort populäre. Schon wenige Monate nach der Uraufführung gelangte das Werk in den deutschen Sprachraum und wurde in Wien bald als Die schwarze Frau parodiert (Musik: Adolf Müller senior, Text: Karl Meisl).
Viens, gentille dame
Die Arie des Georges Brown erlangte bald nach der Uraufführung Schlager-Status in der Opernwelt. Sie ist das Musterbeispiel eines Bravourstücks für einen typtisch französischen Tenor, von dem Beweglichkeit und eine gute Mixtur zwischen Kopf- und Brustregister gefordert wird.Außerdem wird Boieldieus bravouröse, auf einen lebendigen Bläsersatz abgestimmte Orchestertechnik hörbar.
Die Standardaufnahme des im XX. Jahrhundert kaum noch gespielten Werks entstand unter der Leitung von Marc MInkowski mit Rockwell Blake. (Erato)