Il pomo d'oro

Das größte Opernspektakel des Barock (1666/67).

Anotnio Cesits Pomo d‘oro gehört zu den aufwendigsten Musiktheater-Spektakeln aller Zeiten. Zwei Tage dauerte die Uraufführung. Das eigens zu diesem Anlaß errichteten Freilichttheater bot 5000 Zuschauern Platz. Gemalt wurden 24 verschiedene Kulissen für insgesamt 66 Szenen. 48 Solisten traten auf - die besten Sänger der Epoche.

Das Orchester war riesig besetzt, allein die Continuo-Instrumente umfaßten Theorben, Lauten und ein Cembalo (möglicherweise auch eine Orgelportativ.) Ein eigenes Instrumentalensemble hinter der Szene untermalte die Szenen, die in der Unterwelt spielen. Jeder der fünf Akte wurde durch ein üppig ausgestattetes Ballett zu Musik von Johann Heinrich Schmelzer beendet. Ein eigener Choreograph wurde für die Arrangements der kriegerischen Szenen engagiert. Eine zuvor ungeahnt technisch hochgerüstete Bühnenmaschinerie simulierte Schiffbrüche und einstürzende Türme. Nicht einmal Louis XIV. hatte dermaßen ausufernde Spektakel erleben dürfen. In der Operngeschichte konnte erst Richard Wagners Ring des Nibelungen diesen Aufwand übertreffen.


Ein Hochzeits-Spektakel

Zu feiern war Hochzeit Kaiser Leopolds I. mit der 16jährigen Infantin Margarita Teresa von Spanien, eine Eheschließung, durch die beide großen Teile des habsburgischen Reiches wieder vereint werden sollten. Antonio Cesti, Wiener Hofkapellmeister und führender italienischer Opernmeister der Epoche erhielt den Auftrag, ein entsprechend würdiges Musiktheater-Spektakel zu komponieren. Der kaiserliche Hofdichter Francesco Sbarra (1611-1668) lieferte das umfangreiche Libretto. Doch die Hochzeit fand im Dezember 1666 ohne Opern-Vorstellung statt. Ludovico Ottavio Burnacinis Theaterbau war nicht rechtzeitig fertig geworden. Nun wurde ein Anlaß für die Aufführung des Werks gesucht. Zum kaiserlichen Geburtstags 1667 war das neue Theater noch immer nicht errichtet. Doch der 17. Geburtstag der Kaiserin am 12. Juli 1668 bot die Gelegenheit: Prolog und die Akte 1 und 2 des Pomo d’oro gingen im »Hoftheater auf der Cortina« über die Bühne - heute steht auf dem Platz die Österreichischen Nationalbibliothek.

Zwei Tage später kamen die Akte 3 bis 5 an die Reihe. Am 23. Juli wurde das gesamte Werk wiederholt. Die sogenannte »Licenza« im Finale, die in barocken Huldigungsfestspiele als Verbeugung vor den Potentaten üblich war, wurde ganz auf die kaiserliche Familie zugeschnitten. Der goldene Apfel, den Paris zu vergeben hatte ging weder an Juno, Minvera oder an die (amüsanterweise von einem Soprankastraten verkörperte) Venus, sondern - durch die Hand Jupiters persönlich - natürlich an die junge Kaiserin!

Da Margarita schon mit 21 Jahren verstarb, wurde Il pomo d'oro nie wieder aufgeführt. Im Gedächtnis der Opernwelt blieb der Titel freilich als eines der waghalsigsten Unternehmen in der Geschichte der Gattung festgeschrieben.

Die Musik

Cesti hatte das Werk in erstaunlichem Tempo zwischen Juni und Oktober 1666 komponiert. Wobei der komponierende Kaiser Leopold höchstpersönlich einige Szenen beisteuerte.

Auf Grund der verworrenen Quellenlage konnten in den Veröffentlichungen der »Denkmäler der Tonkunst in Österreich« (1896/97) nur die Akte 1, 2 und 4 gedruckt werden. Nur das Libretto erschien bereits vor der Uraufführung in Druck - und zwar unter Hinzufügung einiger Abbildungen der gigantomanischen Kulissen, weshalb wir ziemlich genau über die optische Komponenten der Aufführung unterrichtet sind. Erst Mitte des XX. Jahrhunderts tauchten in der fürstlichen Bibliothek von Modena Abschriften der Akte 3 und 5 auf. So konnte 1989 im Prunksaal der Österreichischen Nationalbibliothek erstmals seit der Uraufführung das Gesamtwerk aufgeführt werden. Ein Mitschnitt dieser Produktion liegt vor.




Aufnahmen




(youtube)


↑DA CAPO