Querelle des bouffons
Der »Buffonistenstreit«
Eine der kuriosesten kulturellen Blüten des französischen Ancien régime: Die Auseinandersetzung zwischen Anhängern der italienischen Oper (»Buffonisten«) und der von Lully begründeten französischen Musik.
Erste Vorkämpfer für die italienische Oper meldeten sich in Paris schon Anfang des XVIII. Jahrhunderts. So etwa der Abbé und Kirchenrechtler François Raguenet, der 1702, von einer Italienreise zurückgekehrt, mit Bestimmtheit Aufführungen italienischer Opern verlangte.
Der Streit eskalierte bereits 1752 im Zuge der Aufführung von Buffo-Opern wie Giovanni Battista Pergolesis Serva padrona. an der Pariser Opéra. Das Publikum liebte diese Darbietungen einer italienischen Gast-Compagnie. Und eine Gruppe französischer Philosophen um Jean-Jacques Rousseau und Denis Diderot gab den Menschen recht, die sich gegen die vergleichsweise abgehobene Stilwelt der Tragédie lyrique Lullys und Rameaus wendeten.
Rousseau greift zur Selbsthilfe
Rousseau schuf mit seinem eigenen Singspiel Le devin du village noch im selben Jahr 1752 das Urbild einer französischsprachigen »Opéra-comique«, die mit ihren gesprochenen Dialog fortan ein Eigenleben neben der »höfischen« Großen Oper führte.
Sprichwörtlich wurden die ästhetischen Auseinandersetzungen in den folgenden Jahrzehnten, die das Publikum in den Siebzigerjahren des XVIII. Jahrhunderts spaltete: Hier die Anhänger Niccolò Piccinni, die »Piccinisten«, da die Parteigänger der Opernreform Christoph Willibald Glucks, die »Gluckisten«. Selbst innerhalb des Hofstaats von Ludwig XVI. und Marie Antoinettes bildeten sich entsprechende »Parteien«.
Rousseaus Devin du village fand übrigens in Mozarts Bastien und Bastienne einen zauberhaftes deutschsprachiges »Nachfahren«.
Im geistvollen Libretto zu Richard Strauss' letzter Oper, Capriccio, thematisieren der Komponist und sein textdichtender Compagnon Clemens Krauss den Buffonistenstreit und verarbeiten ihn zu einer launig-geistvollen »Konversations-Komöde« über die Frage, ob Text oder Musik in der Oper Vorrangstellung genießen sollten...