Die Abreise

Eugen d'Albert

1898


»Abreisen oder nicht abreisen, das ist hier die Frage« August von Steigentesch hat die harmlose Komödie im Jahr 1813 geschrieben, Eugen d’Albert machte 1898 seine vierte Oper daraus.

In einem Lustschloss in Mitteldeutschland gegen Ende des 18. Jahrhunderts kann sich der Hausherr nicht entscheiden, ob er auf Reisen gehen soll oder nicht. Er scheucht seine Bediensteten, vor allem aber den Hausfreund namens Trott zwecks Reisevorbereitungen hin und her. Trott wird - wie später der Maultiertreiber in Ravels inhaltich verwandter Spanischer Stunde sogar zum Kastenschleppen eingeteilt - geht aber anders als Ravels Protagonist leer aus: Die Abwesenheit des Hausherren, während der ein Schäferstündchen stattfinden könnte, dauert allzu kurz. Sie entpuppt sich als Inszenierung. Es ging lediglich darum, die Treue der Ehefrau auf die Probe zu stellen. Da Nebenbuhler Trott aber aufgrund der vorangegangen Strapazen zu erschöpft ist, löst sich die Situation in Wohlgefallen auf. Die ungestörte Ehe kann im „alten Trott“ weitergehen  .  .  .

Die Nummern, die d’Albert zu diesem Singspiel beigetragen hat, sind spritzig, hie und da ironisierend im Tonfal, neben vor allem aber in den Duett-Situationen, die sich zwischen Sopran und Tenor, bzw. Sopran und Bariton bieten, durchaus am Lyrismus von Wagners Meistersingern von Nürnberg Maß.

Gleich zwei gelungene Aufnahmen liegen vor.

Eine aus DDR-Zeiten unter Janos Kulkas Leitung von 1978 mit Edda Moser, Hermann Prey und dem erstaunlich komödiantische Peter Schreier in der Rolle des verhinderten, weil ganz außer Atem geratenen Nebenbuhlers begeht nur einen Stilbruch: Das ausdrücklich vorgeschriebene »Spinett auf dem Theater» ist in der Realität dieser Einspielung ein Klavier.

Eine zweite Einspielung, in der stilecht ein Cembalo verwendet wurde, entstand Mitte der Sechzigerjahre für den Bayerischen Rundfunk und läßt den schönen Tenor des frühverstorbenen Erwin Wohlfahrt neben Lotte Schädle hören.

Daß der gelungene Einakter, eine der wenigen guten komischen Opern aus dem Deutschland der Nachwagner-Epoche nicht öfter auf die Bühne gebracht wird, liegt wohl vor allem an der Notwendigkeit, eine gute Koppelung dafür zu finden, um einen ganzen Opernabend zu füllen.


↑DA CAPO