Un giorno di regno
Verdis einzige Komödie - vor Falstaff
Premiere an der Wiener Volksoper, 1995
Der Volksoper gelang mit ihrer Erstaufführung von Verdis »König für einen Tag« das Paradoxon einer Premiere, in der so gut wie nichts stimmt - und daher alles seine Richtigkeit hat. Ein brillantes theatralisches Gustostück für Kenner.
Wer in die Oper geht, um ein gutes Stück, in artig historisierenden Kostümen, Stilmöbeldekors, schön der Reihe nach erzählt zu bekommen, der meide diesen »König für einen Tag».
Für ihn ist er nicht gemacht.
Verdis Stück galt schon den Zeitgenossen - und dem Komponisten selbst - als mißlungen. Allein, es enthält viel herrliche, schwungvolle Musik. Um diese wiederbeleben zu können, haben die Produzenten aber etliche Hindernisse zu überwinden. Das schwache Textbuch mit seiner mühsam komischen Handlung ist nur deren erstes.
Das zweite: Verdis Frühwerk steht ganz im Banne des echten Belcanto; und den beherrschen heutzutage auch die größten Stars der Opernwelt nicht mehr. Das Ensemble der Volksoper, wen wundert's, beherrscht ihn auch nicht. Aber das, jetzt beginnen wir mit den Aktivposten dieser alle Werte umwertenden Produktion, fällt nicht ins Gewicht.
Das geht, wenn ein energischer Dirigent wie Asher Fisch das Orchester zu einer zündenden Wiedergabe voll rhythmischen Elans anspornt, in deren Überschwang sich vieles, was die Sänger an verhinderten Koloraturen ausstreuen, verliert.
Die Szene nimmt diese Herausforderung an und setzt den federnden Klängen ein optisches Allegro con spirito entgegen.
Frank Philpp Schlößmanns Dekors, knallbunt wie eine Parodie auf die zeitgeistige Regie- und Zaubertheaterästhetik, wechseln in rasanter Folge. Jeden Augenblick erscheint ein neues Versatzstück aus der Versenkung, baumeln Sonnen und Monde vom Schnürboden, heben sich leuchtend rote Vorhänge, reiten Darsteller auf gigantischen Hutschpferden ein.
Regisseur Helmut Polixa nutzt den scheinbar kindisch aufgehäuften Überfluß zum hintersinnigen Vexierspiel. Wie Verdi mit den Mitteln der Oper seiner Zeit, mit Romanzen, Cabaletten und großen Ensembles ein mickriges Lustspielthema musikalisch ausmalt, zeichnet diese Inszenierung mit ironischem Griffel die Situationen nach.
Ironie und Wahrhaftigkeit gehen ineinander auf. Zweieinig entdecken sie die Seele in den Details eines untauglichen Ganzen - und formen es neu. Ludwig Hinterschweigers dem doppelbödigen Geiste der Inszenierung adäquate Übersetzung verwandelt die Produktion hier und da sogar in ein amüsantes Lehrstück über Verdis musikalische Dramaturgie: Wenn etwa im großen Duett des zweiten Aktes die Marchesa ihren Widerpart mit verzehrenden Kantilenen umgarnt, aber mit Staccato-Tönen ihren Kommentar zur Situation abgibt . . .
In solchen Momenten kann eine Vollblutkomödiantin wie Silvana Dussmann ganz und gar überzeugen. Da sind Szene, Orchesterbegleitung, Gesang eine Einheit. Die belcantesken Erfordernisse löst am ehesten der schönstimmige Tenor Ruben Broitmans ein, der spätestens in der zweiten Reprise nicht mehr nervös sein muß, sondern seinem Timbre vertrauen darf: Da hat die Volksoper eine herrliche junge Kraft mehr im Ensemble!
Renato Girolami, Norine Burgess, Istvan Gati, Eduard Lehmann und die anderen überzeugen eher als perfekt arbeitende Rädchen im theatralischen Uhrwerk dieser Inszenierung. Zuletzt senkt sich zwiefach Verdis Konterfei über den bunten Trubel im Finale, eine Verbeugung, die, wie alles hier, ernsthafter gedeutet werden kann als es zunächst den Anschein haben mag.
Hoffentlich nimmt das Publikum die Chance wahr. Dann hätte die Volksoper über diesen Umweg auch ein dankbares Vehikel zur Demonstration der stimmlichen Potenz junger Sänger. Vielleicht sind noch welche zu entdecken, die auch elegante Phrasen und geschmeidige Koloraturen zu singen imstande wären?
Wer in die Oper geht, um ein gutes Stück, in artig historisierenden Kostümen, Stilmöbeldekors, schön der Reihe nach erzählt zu bekommen, der meide diesen »König für einen Tag».
Für ihn ist er nicht gemacht.
Verdis Stück galt schon den Zeitgenossen - und dem Komponisten selbst - als mißlungen. Allein, es enthält viel herrliche, schwungvolle Musik. Um diese wiederbeleben zu können, haben die Produzenten aber etliche Hindernisse zu überwinden. Das schwache Textbuch mit seiner mühsam komischen Handlung ist nur deren erstes.
Das zweite: Verdis Frühwerk steht ganz im Banne des echten Belcanto; und den beherrschen heutzutage auch die größten Stars der Opernwelt nicht mehr. Das Ensemble der Volksoper, wen wundert's, beherrscht ihn auch nicht. Aber das, jetzt beginnen wir mit den Aktivposten dieser alle Werte umwertenden Produktion, fällt nicht ins Gewicht.
Das geht, wenn ein energischer Dirigent wie Asher Fisch das Orchester zu einer zündenden Wiedergabe voll rhythmischen Elans anspornt, in deren Überschwang sich vieles, was die Sänger an verhinderten Koloraturen ausstreuen, verliert.
Die Szene nimmt diese Herausforderung an und setzt den federnden Klängen ein optisches Allegro con spirito entgegen.
Frank Philpp Schlößmanns Dekors, knallbunt wie eine Parodie auf die zeitgeistige Regie- und Zaubertheaterästhetik, wechseln in rasanter Folge. Jeden Augenblick erscheint ein neues Versatzstück aus der Versenkung, baumeln Sonnen und Monde vom Schnürboden, heben sich leuchtend rote Vorhänge, reiten Darsteller auf gigantischen Hutschpferden ein.
Regisseur Helmut Polixa nutzt den scheinbar kindisch aufgehäuften Überfluß zum hintersinnigen Vexierspiel. Wie Verdi mit den Mitteln der Oper seiner Zeit, mit Romanzen, Cabaletten und großen Ensembles ein mickriges Lustspielthema musikalisch ausmalt, zeichnet diese Inszenierung mit ironischem Griffel die Situationen nach.
Ironie, Parodie, Seele
Da darf während der Auftrittsarie der gefühlvollen Heldin eine gigantische rote Rose im Hintergrund erscheinen, während sich das Furioso ihrer Gegenspielerin vor dem Hintergrund eines dramatisch flammenden Horizonts ereignet. Dabei kann man aber entdecken, daß, was anfänglich wie eine Parodie wirken mag, zuletzt doch den Lebensnerv der Situation getroffen hat.Ironie und Wahrhaftigkeit gehen ineinander auf. Zweieinig entdecken sie die Seele in den Details eines untauglichen Ganzen - und formen es neu. Ludwig Hinterschweigers dem doppelbödigen Geiste der Inszenierung adäquate Übersetzung verwandelt die Produktion hier und da sogar in ein amüsantes Lehrstück über Verdis musikalische Dramaturgie: Wenn etwa im großen Duett des zweiten Aktes die Marchesa ihren Widerpart mit verzehrenden Kantilenen umgarnt, aber mit Staccato-Tönen ihren Kommentar zur Situation abgibt . . .
In solchen Momenten kann eine Vollblutkomödiantin wie Silvana Dussmann ganz und gar überzeugen. Da sind Szene, Orchesterbegleitung, Gesang eine Einheit. Die belcantesken Erfordernisse löst am ehesten der schönstimmige Tenor Ruben Broitmans ein, der spätestens in der zweiten Reprise nicht mehr nervös sein muß, sondern seinem Timbre vertrauen darf: Da hat die Volksoper eine herrliche junge Kraft mehr im Ensemble!
Renato Girolami, Norine Burgess, Istvan Gati, Eduard Lehmann und die anderen überzeugen eher als perfekt arbeitende Rädchen im theatralischen Uhrwerk dieser Inszenierung. Zuletzt senkt sich zwiefach Verdis Konterfei über den bunten Trubel im Finale, eine Verbeugung, die, wie alles hier, ernsthafter gedeutet werden kann als es zunächst den Anschein haben mag.
Hoffentlich nimmt das Publikum die Chance wahr. Dann hätte die Volksoper über diesen Umweg auch ein dankbares Vehikel zur Demonstration der stimmlichen Potenz junger Sänger. Vielleicht sind noch welche zu entdecken, die auch elegante Phrasen und geschmeidige Koloraturen zu singen imstande wären?