Moses und Aron

Arnold Schönberg

1931 übersiedelte Schönberg auf Empfehlung seines Schülers Roberto Gerhard für einige Monate nach Barcelona, um dort sein Asthmaleiden zu kurieren und sich ungestört der Arbeit an der abendfüllenden Oper „Moses und Aron“ widmen zu können. Den Text hatte er bereits zwischen 3. und 16. Oktober 1928 verfaßt. Noch zwei Jahre später war er sich jedoch nicht sicher gewesen, ob er mit der Komposition beginnen würde. „Vielleicht mache ich Moses und Aron“, heißt es in einem Nebensatz in einem Brief an Alban Berg vom April 1930, in dem aber jedenfalls zu lesen ist, daß Schönberg Lust verspürte „eine Oper“ zu schreiben. 1930 sind dann tatsächlich die ersten musikalischen Skizzen zu „Moses und Aron“ entstanden.

Schönbergs Brief an Walter Eidlitz vom 15. März 1933 gibt Aufschluß über die exegetischen Tiefen, in die der Autors während des Entstehungprozesses der Oper vordrang:

Ich selbst habe aus dem mächtigen Stoff vor allem diese Elemente in den Vordergrund gerückt: Der Gedanke des unvorstellbaren Gottes, des auserwählten Volkes und des Volksführers. Mein Moses gleicht - als Erscheinung allerdings nur - etwa dem Michelangelos. Er ist gar nicht menschlich.

Das goldene Kalb

Die Szene des Goldenen Kalbes bedeutet ein Opfer der Masse, die sich von dem ,seelenlosen‘ Glauben trennen will. In der Durchführung diese Szene bin ich, da sie ja das Zentrum meines Gedankens betrifft, sehr weit gegangen, und hier ist mein Stück am meisten Oper; was es ja sein muß.

Mein dritter Akt, den ich wenigstens zum viertenmal umarbeite, heißt noch immer Arons Tod.

Biblische Widersprüche

Hier haben mir bisher einige fast unverständliche Widersprüche der Bibel die größten Schwierigkeiten bereitet. Denn wenn ich mich auch nur in wenigem an die Bibel halte, so ist es doch gerade hier schwer, über diese Verschiedenheiten hinwegzukommen, daß es das eine Mal heißt: ,Schlag auf den Felsen (2. Buch Mosis, 17,6), das andere Mal aber ,Sprich...‘ (4. Buch Mosis, 20,8).

Können Sie mir Literatur nennen, die ich zu dieser Frage lesen kann? Bisher habe ich selber eine Lösung gesucht. und was mein Drama an sich betrifft, kann ich auch auskommen, ohne das zu lösen. Aber es läßt mich nicht in Ruhe!

Moses -- Schönberg

„Moses und Aron“ ist jedoch nicht allein eine gedankenbefrachtete biblische Oper, nicht allein Symbol für die Divergenz von Wahrheit und deren Botschaft. Das Werk spiegelt in gewisser Hinsicht auch das ganz Persönliche Künstlerdrama Schönbergs. Sein Ringen nach einer allgemein verständlichen Formulierung dessen, was „gesagt werden muß“, dieses Ringen, als innerer Zwang, als höherer Auftrag verspürt, hatte Schönberg zunächst zur Auflösung der klassisch-romantischen Tonalitätsdenkens, schließlich auch zur Zwölftontechnik geführt.

Auch Moses ringt um Aussagekraft. Er selbst ist nicht befähigt, seine Gedanken zu formulieren. Solange er sie denkt, sind sie klar und unvergänglich. Jeder Versuch einer „Aussage“ verwirrt sie bis zur Unkenntlichkeit. Das „Bilderverbot“ findet hier sein unmittelbarstes Symbol.

Die Seelenverwandtschaft ist offenkundig: „Niemand wird mir glauben“, gibt Moses zu bedenken, als ihm Gott aus dem brennenden Dornbusch seine Mission verkündet. Den Zwang, etwas aussagen zu müssen, was Skepsis, Ablehnung, ja den blanken Haß aller Traditionalisten provoziert, den empfand auch Schönberg.

Einer hat's tun müssen

„Einer hat‘s tun müssen“, lautete seine vielzitierte Rechtfertigung vor einem seiner Vorgesetzten während des Militärdienstes, der wissen wollte, ob er „der“ Schönberg sei.

Und in einer Diskussionsrunde im Berliner Rundfunk bekannte er sich wortgewaltig und unmißverständlich zu seiner Sendung:
Unterschätzen sie nicht die Größe des Kreises, der sich um mich bildet. Er wird wachsen durch die Wißbegierde einer idealistischen Jugend, die sich mehr durch das Geheimnisvolle angezogen fühlt als durch das Alltägliche. Aber wie immer das auch kommen mag, so kann ich doch nichts anderes weder denken noch sagen als das, was mir meine Aufgabe vorschreibt. Nennen Sie das, meine Herren, nicht Hochmut. Ich hätte gern besseren Erfolg. Es ist keineswegs mein Wunsch, als einsamer Säulenheiliger dazustehen. jedoch: solange ich mein Denken und Phantasieren für richtig halten darf, werde ich nichts anderes glauben können, als daß Gedanken gedacht werden müssen und gesagt, auch wenn sie nicht verstanden werden, auch wenn sie nie verstanden werden können.
Damit scheint, unbewußt, das zentrale Anliegen der Oper formuliert. Auch Moses hält unbeirrt an seinem Gedanken fest, den der Gott seiner Väter in ihm durch die Verkündigung der Stimme aus dem brennenden Dornbusch wiedererweckt hat. Mit der Erleuchtung des Moses hebt die Oper an: Er, der erkannt hat, daß das auserwählte Volk nicht mehr Vergänglichem dienen darf, sondern dem einen, einzigen Gott, darf nur noch eine Aufgabe kennen - die Verkündigung. Da seine Zunge „ungelenk“ ist, er „denken, aber nicht reden“ kann, wird Aron „sein Mund“ werden.

Die Handlung


Das Verbot: „Du sollst dir kein Bild machen“ schwebt machtvoll bereits über diesem von magisch raunenden, flüsternden, eindringlichen Chorstimmen erfüllten Visionsbild, mit dem die Oper beginnt.
Der brennende Dornbusch
Von Gott macht sich auch der Dramatiker Schönberg kein Bild. Er läßt lediglich die Stimme in vielfacher Brechung tönen. Die Musik, schreibt Adorno, sei die „bilderlose“ Kunst. Also war sie von jeher vom sakralen Verbot ausgenommen. Die Bildhaftigkeit der Klänge, die gleichwohl vorhanden und für den mit den traditionellen Mitteln vertrauten Hörer auch „dechiffrierbar“ ist, verschiebt das Problem eine Ebene in die Tiefe.

Sprechen und Singen

Die Klänge sind Träger des Unsagbaren. Folgerichtig nimmt Schönberg die Herausforderung der musikalischen Transformationsmöglichkeiten von Inhalten an: Sein Moses ist eine Sprechrolle - das scheint nur paradox, weil ihm „das Wort“ fehlt, seine Gedanken zu artikulieren. Für Schönberg ist das Sprechen des Moses sozusagen die musikalisierte Version seines Nicht-Sprechen-Könnens, seines „reinen“, noch nicht in sprachliche Kategorien verwandelten, unformulierten Gedankens.

Aron hingegen singt.

Sein Ausdrucksmittel liegt also eine musikalische Realitätsstufe tiefer. Die Menge, die Moses nicht hören, nicht verstehen kann, hält sich an die Aussagen Arons. Denn er ist die „klassische“ Opernfigur, der Tenor. Er wird somit sinnfällig zum notwendigem „Sprachrohr“ des Moses, dessen Sprache, weil nicht gesungen, aus dem Rahmen des „Opernsystems“ fällt, also „unverständlich“ bleibt.
Aron, das »Sprachrohr«
Moses und Aron, die Unzertrennlichen: Will der Gedanke (Moses) verstanden werden, muß er (von Aron) formuliert, transportiert werden. Schon anläßlich der ersten Begegnung der Brüder (2. Szene) wird sinnfällig, in welche Doppelgleisigkeit dieses „arbeitsteilige“ Verhalten ausarten muß. Moses und Aron „reden“, wie Schönberg selbst das in seinen Anmerkungen zur Partitur60 beschreibt, „aneinander vorbei“.

Man ahnt: Moses‘ Vision ist unrealisierbar. Das „Wort, das ihm fehlt“ mangelt ihm trotz Arons Vermittlerrolle. Denn diese führt notgedrungen zur Verfälschung.
Das Volk
Von großer Gewalt ist das Aufeinanderprallen der Volksmeinungen in den Sprechchören der dritten Szene: Die Juden, meist von den meinungsbildenden Priestern angeführt, sind skeptisch über die Verkündigungen des neuen Glaubens von dem Einen, Einzigen Gott: „Wer ist stärker als Pharaos Götter“.

Aus dem Tumult hebt sich eine einzelne Sopranstimme, beinahe zaghaft: „Er wird uns befrein“ - der Eintritt des Gesangs, der reinen Klang in die zuvor musikalisch unartikulierte Atmosphäre dieser Massenszene bringt, wirkt tatsächlich wie ein Hoffnungsschimmer, von einem lichten Glockenton unterstützt: die Ahnung der Erlösung.
Widerstand
Doch noch regt sich der Widerstand gegen die „neue Lehre“. Eine der massivsten und schwierigsten Chorszenen der Opernliteratur führt in der Folge zur immer undurchdringlicher scheinenden Ballung von Schmähungen, die in die emphatischen Rufe mündet: „Wir wollen durch ihn nicht befreit sein“.

Moses ist „am Ende“, doch Aron versucht eine Ausdrucksform zu finden, die dem Volk verständlich macht, worum es geht.
Wunderwerke
Eine Szene der Wunderwerke schließt sich an: Moses‘ Stab verwandelt sich in eine Schlange. Das verfehlt seine Wirkung nicht, aber die Skepsis, ob sich die Wundertätigkeit so gewaltig ausbreiten könnte, daß auch Pharao dadurch bezwungen werden könnte, ist ungebrochen. Aron bedient sich kriegerischen Vokabulars: Ein gebrochenes Volk zwingt seine Unterdrücker tatsächlich nicht. Wer von solcher Mutlosigkeit ist, der gleicht dem Aussätzigen - Aron demonstriert es an Moses‘ Hand, die verfault, sobald sie das zagende Herz berührt: „Erkennt euch darin. Mutlos, krank, verachtet, geknechtet, gepeinigt.“ An einen Gott, „den sichtbare Wunder bezeugen“, ist das Volk bereit „voll Mut“ zu glauben.
Aufbegehren
Revolutionäre Stimmung macht sich breit: „Alles für die Freiheit, laßt uns die Ketten zerbrechen, erschlagt die Fronvögte“. Das Volk Israel ist bereit zum Aufbruch in die Wüste. Warnungen der Priester - „Wovon soll euch die Wüste nähren?“ - werden in den Wind geschlagen. Schönberg komponiert diesen Akt als tönendes Sinnbild der vollständigen Umkehrung der Volksmeinung durch demagogische Mitteln.
Ein »Trugschluß«
Der hymnische Fortissimoschluß freilich ist trügerisch.

„Er wird uns führen in das Land, wo Milch und Honig fließt, und wir soll‘n genießen, was er unsern Vätern verheißen.“ Der Chor nimmt auf, was Aron aus Moses‘ Worten gemacht hat. Von dem, was Moses meint, wenn er sagt „In der Wüste wird euch die Reinheit des Denkens nähren, erhalten und entwickeln“, bleibt im Furor der revolutionären Stimmung nichts erhalten.

Der Gedanke verwandelt sich durch „Formulierungskunst“ in sein schieres Gegenteil.
Zwischenakt
Das Klangwunder, mit dem die Oper angehoben hat, findet in der Zwischenaktsmusik ihr fulminantes Gegenstück. Es ist ein virtuoser Flüsterchor, der den Hörer nach der Pause auf das Geschehen wieder einstimmt. „Wo ist Moses?“ zischelt es aus allen Richtungen, „lang schon hat ihn keiner gesehen. Verlassen sind wir! Wo ist sein Gott?“

II. Akt

Vierzig Tage weilt Moses auf dem Berg der Offenbarung. Das Volk, das sich verlassen glaubt, verzweifelt an der Botschaft, an der Aron festhält. Die Priesterschaft stachelt den Zorn an, unter den Stämmen regiert Gesetzlosigkeit und Gewalt. Denn das versprochene Recht des Ewigen ist nicht verkündet.

Offener Aufruhr bricht aus.

Vielleicht hat der strenge Gott seinen Propheten erschlagen? Man fordert, die alten, verbotenen Kulte wieder aufnehmen zu können.

Und Aron gibt nach.
Das goldene Kalb
Unter dem Druck des Aufstands verkündet er: „Euch gemäß sind die Götter gegenwärtigen, alltagsnahen Inhalts“. Das Bilderverbot fällt: Das goldene Kalb soll bezeugen, daß „in allem, was ist, ein Gott lebt“. Orgiastische Zelebrationen folgen. Jungfrauen und Greise werden dem Götzenbild geopfert. Wein fließt in Strömen und die Ältesten deuten den Rauschzustand als neues Wunder.
Moses und das Gesetz
Aber vor dem Angesicht Moses, der nach vierzig Tagen mit den Gesetzestafeln vom Berg herabsteigt, vergeht das Trugbild. Die Massen, ihres Kultaltars verlustig, fliehen.

Was bei Schönberg nicht angesprochen wird: Es war Moses, der den zürnenden Gott davon abgehalten hat, sein untreues Volk zu vernichten (Exodus 31, 10-14).
Der Zorn Moses'
Moses zürnt Aron, der Umgehung des Bilderverbotes wegen. Aber der rechtfertigt sich, nur getan zu haben, „was stets meine Aufgabe war; Wenn dein Gedanke kein Wort, mein Wort kein Bild ergab, vor ihren Augen ein Wunder zu tun“. Doch: „Gottes Ewigkeit vernichtet Göttergegenwart! Das ist kein Bild, kein Wunder! Das ist das Gesetz“, entgegnet Moses und verweist auf die Tafeln des Gesetzes, die er vom Berg mitgebracht hat. Für Aron stellen jedoch auch diese „nur ein Bild“ dar.
Das fehlende Wort
Moses zertrümmert die Gesetzestafeln. Aron aber führt das Volk durch Bilder, mit denen er vorgibt, Moses‘ Gedanken zu spiegeln, „ins gelobte Land“. Moses verzweifelt:
Unvorstellbarer Gott! Unaussprechlicher, vieldeutiger Gedanke! Läßt du diese Auslegung zu?

Darf Aron, mein Mund, dieses Bild machen?

So habe ich mir ein Bild gemacht, falsch, wie ein Bild nur sein kann!

So bin ich geschlagen! So war alles Wahnsinn, was ich gedacht habe, und kann und darf nicht gesagt werden!

O Wort, du Wort, das mir fehlt!
Mit diesem Finale des zweiten Aktes endet Schönbergs Komposition.

Über die visionären Chöre, die den Auszug des Volkes, geführt von der Feuersäule, die Aron ihm wies, symbolisieren, und den verzweifelten Zusammenbruch Moses‘ kam nur die Textdichtung hinaus.

Der III. Akt

Der dritte Akt, in dem Aron in Ketten gelegt wird und nach einer tiefgründigen Auseinandersetzung mit Moses stirbt, besteht letztlich nur aus der Ausdeutung der Geschehnisse der ersten beiden Akte.

Moses rekapituliert die Handlungen Arons und bezichtigt ihn, den einzig wahren Gedanken verfälscht zu haben: Hier beherrschen die Bilder bereits den Gedanken, statt ihn auszudrücken. Mit dem Gedanken sei auch das auserwählte Volk verraten, „das Außergewöhnliche an die Gewöhnlichkeit“. Ein Menetekel des Judentums die Schlußworte
Immer, wenn ihr euch unter die Völker mischt und verwendet eure Gaben, die zu besitzen ihr auserwählt seid, um für den Gottesgedanken zu kämpfen, und ihr verwendet eure Gaben zu falschen und nichtigen Zwecken, um im Wettbewerb mit fremden Völkern an ihren niedrigen Freuden teilzunehmen, immer, wenn ihr die Wunschlosigkeit der Wüste verlaßt und eure Gaben euch zur höchsten Höhe geführt haben, immer werdet ihr wieder heruntergestürzt werden vom Erfolg des Mißbrauches, zurück in die Wüste. (...)

Aber in der Wüste seid ihr unüberwindlich und werdet das Ziel erreichen.

Vereinigt mit Gott.

Die Partitur blieb Fragment

Man hat oft darüber spekuliert, warum Schönberg den dritten Akt nicht in Musik gesetzt hat, obwohl er bis in seine letzten Lebenjahre immer wieder davon sprach, die Oper vollenden zu wollen.

Es mangelt nicht an Behauptungen, die beiden anderen Akte seien in sich geschlossen genug, um als Musikdrama bestehen zu können. Auch wurde ins Treffen geführt, Schönberg habe vor der Aussage des letzten Aktes zuviel Ehrfurcht empfunden, als daß er sie hätte in Tönen gestalten können.

Der Komponist selbst hat das nicht - oder jedenfalls nicht in allen Phasen seines weiteren Leben - so empfunden. Immerhin existieren Skizzen, aber auch Briefe, die beweisen, daß er sich zu Zeiten mit dem Gedanken getragen hat, die Komposition auch nachdem die ganze Katastrophe des Holocaust offenbar wurde, doch weiterzuführen.

Sie blieb jedoch Fragment.

Zu Lebzeiten des Komponisten erklang daraus lediglich der „Tanz ums goldene Kalb“ unter Hermann Scherchens Leitung in Darmstadt. Schönberg war sich über die exorbitanten Anforderungen, die seine Partitur an die Ausführenden stellt, vollkommen im klaren, meinte aber in einem Brief an Hans Rosbaud:
Da ich in den nächsten Dezennien mit einer Aufführung dieses Werkes nicht rechnen kann, habe ich mir hinsichtlich der Schwierigkeiten für Chor und Orchester keine Zurückhaltung auferlegt.

Posthume Aufführungsgeschichte

Etliche Aufführungen haben seit den beiden von Hans Rosbaud dirigierten Uraufführungen - konzertant am 12. März 1954 in Hamburg, szenisch am 6. Juni 1957 in Zürich - bewiesen, wie ausdrucksstark und unmittelbar betreffend die beiden vollendeten Akte zu wirken vermögen. Wobei der Zürcher Produktion allein Chorproben vorangingen.

Der Versuch, den dritten Akt zu leise unterlegten Klängen aus dem ersten gesprochen aufzuführen, wie er 1959 an der Deutschen Oper Berlin unternommen wurde, hat sich nicht durchgesetzt.

Bei dieser deutschen Erstaufführung unter der Leitung von Hermann Scherchen kam es zu tumultartigen Protesten des Publikums, die ein Unterbrechnung der Vorstellung nötig machten. Scherchen wandte sich an das Publikum mit der Bitte um Ruhe und sagte:
Sonst muß ich Sie jenen anonymen Anrufern zurechnen, die mein Auto demoliert und gedroht haben, mir Vitriol ins Gesicht zu schütten, wenn ich es wagen sollte, die Oper hier zu dirigieren. Jetzt lassen Sie uns arbeiten.
Hanns Eisler, Schönbergschüler und führender Komponist der DDR, bewertete die Vorfälle in einer Ost-Berliner Zeitung als »eine bestellte faschistische, antisemitische Provokation«.

Was die szenische Umsetzung betrifft, bestand Schönberg auf Genauigkeit und Realismus. Die Regie stellt das vor schwierige Aufgaben, etwa dort, wo der Stab des Moses sich in eine Schlange zu verwandeln hat.

Doch sah der Komponist die kommende Herrschaft der Dramaturgen und Regisseure voraus, gegen die er sich präventiv zur Wehr zu setzen versuchte, wenn er an seinen Schüler Anton von Webern schrieb:
Ich wollte den neuen Beherrschern der Theaterkunst, den Regisseuren, möglichst wenig überlassen und auch die Choreographie soweit erdenken, als es mir möglich ist... Die Eigenmächtigkeit dieser Hilfsorgane und ihre Gewissenlosigkeit werden nur von ihrer Kulturlosigkeit und Impotenz übertroffen.

Rezension der Salzburger Fetspielpremiere: Moses und Aron

↑DA CAPO

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