»Bild und Worte überfielen mich.«
Carl Orffs »Trionfi«
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Carl Orff war in Deutschland lediglich als Musikpädagoge und Kenner der vorbarocken, sogenannten »alten Musik« bekannt, als er 1937 in Frankfurtt/Main seine »Carmina burana« heausbrachte. Mit einem Schlag war er berühmt. Seine früheren Werke, so beschied er dem Verleger, könne man »einstampfen«. Mit den »Carmina burana« sollten seine gesammelten Werke beginnen.
Mit den ryhthmisch pulsierenden, auf ganz einfachen strophischen Formen basierenden Nummern dieser szenischen Kantate war der unverwechselbare ›Orff-Stil‹ gefunden. So effektsicher und um tiefsten Sinne »unmodern« er späteren Generationen scheinen mochte, für die Zeitgenossen im nationalsozialistischen Reich war schon die Verwendung lateinischer Texte verdächtig; jedenfalls hat Orff es nach 1945 gern so dargestellt.
Solange Hitler an der Macht war, trat er freilich mit Adaptionen deutscher Märchen hervor, »Der Mond« und »Die Kluge« konnten im damaligen deutschen Unfeld durchaus punkten.
Währenddessen arbeitete Orff allerdings an einer Fortsetzung der »Carmina burana«, die er durch zwei weitere Werke zu den »Trionfi« ergänzte, die in ihrer Gesamtheit 1953 unter Herbert von Karajans Leitung an der Mailänder Scala uraufgeführt wurden.
Das Mittelstück der Trilogie bilden die
Catulli Carmina.
Während ihn bei den »Carmina burana« die mittelalterliche Vagantenpoesie, die er in einer Handschrift im Kloster Benediktbeuren gefunden hatte, geradezu »überfallen« hatte, schrieb er den zweiten Teil der »Trionfi« nach Liebesliedern von Catull für Chor a cappella, gliederte die Abfolge in drei Akte, die Catulls Liebe zu Lesbia und die Verzweiflung über Lesbias Untreue zeigen, und schrieb Text und Musik für ein Vorspiel, in dem sich junge Burschen und Mädchen, von Schlagzeug und vier Klavieren angestachelt, kühne Liebesbezeugungen zuwefen, ehe die Greise ihre Warnung vor allzu heißem Blut aussprechen. Das eigentliche »Stück« soll dann als Lehrbeispiel für die Enttäuschungen dienen, die die Liebe bereithält, wird post festum von den Jugendlichen aber wieder hinweggefegt.
Der dritte Teil der »Trionfi« vereint dann lateinische und griechische erotische Poesie zum
Triumph der Aphrodite.
Hier tritt zu Solo- und Chorgesang wieder das große Orchester nach dem Vorbild der »Carmina burana«, doch hat sich Orffs Stil Anfang der Fünfgzierjahre schon weiter entwickelt, wirkt harmonisch reicher, formal aber noch weiter reduziert. Die immensen Herausforderungen an die Ausführenden haben eine weite Verbreitung des dreiteiligen Gesamtwerks verhindert. Aus den »Trionfi« blieben die »Carmina burana« mit Abstand Orffs meistgespieltes Stück.
Aufnahmen dieses ersten Teils gibt es zahllose. Von den »Catulli Carmina« gelang Eugen Jochum eine wunderbare Aufnahme, die dank der Brillanz und rhythmischen Verve des Instrumenetalensembles und des Bayerischen Rundfunkchors, aber auch dank der edel klingenden Solostimmen von Wieslaw Ochman (Tenor) und Arlene Auger (Sopran) schwer egalisierbar scheint.
»Trionfo di Afrodite« hat Ferdinand Leitener für BASF kraftvoll pulsierend aufgenommen. Hier bringt hans-Günther Noecker als Chorführer zwar alles andere als Schönklang, dafür aber energetische Dramatik ein - und Enriquetta Tarres sichert den in aberwitzige Höhen getriebenen Soprankoloraturen zur Illustration der ersten Liebesnacht den rechten akutischen »Sexappeal«.