Die Afrikanerin

Giacomo Meyerbeer (Paris, 1865)


Besetzung der Urauführung: Emilio Naudin (Vasco) - Marie Battu (Inès) - Marie Sasse (Sélika) - Jean-Baptiste Faure (Nélusco)

Grand Opéra
Text:Eugène Scribe und François-Joseph Fétis

PERSONEN DER HANDLUNG Don Pédro, Präsident des Rats des Königs von Portugal (Baß) – Don Diégo, Admiral, Mitglied des Rats (Bass) – Inès, seine Tochter (Sopran) – Anna, ihre Vertraute (Mezzosopran) – Vasco da Gama, Offizier der portugiesischen Flotte (Tenor) – Don Alvar, Mitglied des Rates (Tenor) – Der Großinquisitor (Baß) – Sélika, Sklavin (Sopran) – Nélusco, Sklave (Bariton) – Der Oberpriester des Brahma (Baß)
Lissabon und Indien, frühes XVI. Jahrhundert


Erster Akt
Vasco da Gama, der Verlobte der Inès, ist bei einer gescheiterten Expedition verschollen. Die junge Frau soll daher mit Don Pédro verheiratet werden. Doch Vasco hat den Schiffbruch überlebt und kehrt mit den Sklaven Sélika und Nélusco aus Indien zurück. Vor dem Großen Rat des Königs von Portugal präsentiert er Pläne für neue Eroberugsfeldzüge. Doch Don Pédro kann die Inquisition von der Aussichtslosigkeit dieser Abenteuer überzeugen. Vasco schäumt vor Wut und verlfucht die Inquisitoren. Er kommt ins Gefängnis.

Zweiter Akt
Sélika, mit ihrem Diener und Geliebten Nélusco im selben Kerker wie Vasco gefangen, empfindet Zuneigung zu Vasco. Nélusco möchte den Nebenbuhler im Schlaf ermorden. Doch Sélika kann das verhindern. – Indessen hat Inès Vascos Freiheit erkauft, indem sie in die Heirat mit Don Pédro eingewilligt hat. Pédro setzt sich selbst an die Spitze einer Expedition in die Neue Welt. Sélika, Inès und Nélusco nimmt er als Lotsen mit an Bord. Vasco sieht alle Hoffnungen auf neue Eroberungen schwinden.

Dritter Akt
Vasco, dem Sélika einen unbekannten Seeweg gewiesen hatte, ist Pédros Flotte gefolgt. Seinen Warnungen vor Nélusco schenkt Pédro keinen Glauben. Vasco wird gefangen genommen und zum Tod verurteilt. Da bricht ein Sturm los, währenddessen es den Indern gelingt, Sélika und Nélusco zu befreien und die Portugiesen gefangen zu setzen.

Vierter Akt
Königin Sélika gibt, um ihn zu retten, vor, mit Vasco verheiratet zu sein. Man bereitet eine Hochzeitsfeier nach indischem Ritus vor. Doch Vascos Leidenschaft für Inès bricht hervor, als er ihre Stimme vernimmt, während sie zur Hinrichtung geführt wiwrd.

Fünfter Akt
Sélika verzichtet auf Vasco und befiehlt Nélusco, Inès und Vasco zur Flucht zu verhelfen. Danach dürfe er sie unter einem Manzanillobaum am Meeresufer erwarten. – Die Blüten dieses Baumes verströmenen einen tödlichen Duft. Als Vascos Schiff am Hoizont entschwindet, sucht Nélusco den Tod neben der sterbenden Geliebten.



Das Werk

Scribe hatte das Libretto zu dieser Oper gleichzeitig mit Le prophète erarbeitet, den Meyerbeer 1838 zuerst vertonte. Für die - irreführenderweise nicht Die Inderin benannte Afrikanerin nahm er sich dann unverhältnismäßig viel Zeit. Die Kräfte des erfolgreichen Meisters der Grand Opéra schwanden zusehends. Doch war die Komposition bei Meyerbeers Tod abgeschlossen. Ouvertüre und Ballettmusik waren zuletzt entstanden. Für die posthume Uraufführung mußte François-Joseph Fétis eine Spielfassung herstellen. Deren Premiere wurde zu einem der Hochfeste des Zweiten Kaiserreichs.

Die Musik

Ausgefeilt ist in dieser Partitur die Stimmungsmalerei und farbenprächtige Instrumentation für ein riesiges Orchester (vierfache Holzbläser inklusive zwei Baßklarinetten, enormer Aufwand an Instrumentalisten auf und hinter der Szene - Glockengläute und Kanonendonner inbegriffen.)

Melodisch gelang Meyerbeer mit Vasco da Gamas O Paradis eine seiner inspiriertesten Arien. Feinsinnig gestaltet ist auch Sélikas Schlaflied Sur mes genoux und Nélusco Soloszenen Fille des rois und Adamastor, roi des vagues. Von den großen Tabelaux, die bei einer Grand Opéra nicht fehlen dürfen, beeindruckt das Septett-Finale des ersten Akts und das Gebet Ô grand Saint Dominiqueim dritten Akt.

Aufnahmen

Die Meisterwerke der Grand Opéra verschwanden nach 1900 langsam, aber sicher von den Spielplänen. So ist es nicht verwunderlich, daß die Aufnahme-Historie der Afrikanerin verhältismäßig kurz ist. Erstaunlich immerhin, daß die erste Gesamtaufnahme in deutscher Sprache gemacht wurde - und zwar vom Hessischen Runfunk mit Aga Joesten in der Titelpartie und Heinrich Bensing als Vasco da Gama, 1952.

Die erste Studioproduktion in der Originalsprache entstand erst 1963 in London. Die BBC nahm L'Africaine mit Josephine Veasey in der Titelpartie, Robert Thomas als Vasco, Heather Harper als Inès und Raimund Herinckx als Nélusco unter Leo Wurmser auf.

Philips veröffentlichte kurz darauf eine Aufnahme mit Denise Monteil, Tony Poncet, Andrée Seposito und Henri Peyrotte unter Robert Wagner.

Jessye Norman sang die Sélika 1971 bei Maggio Musicale in Florenz unter Riccardo Muti in italienischer Sprache.



Die erste französischsprachige Gesamtaufnahme mit berühmten Sängern erschien als Livemitschnitt einer Produktion unter Jean Périsson in San Francisco mit Shierley Veerrett, Plácido Domingo und Simon Estes (als Don Pédro) auf dem Schwarzmarkt. Ein solcher Raubmitschnitt dokumentiert auch Domingos Debüt als Vasco am Londoner Covent Garden - an der Seite von Grace Bumbry unter Peter Maag.

Auf DVD gibt es den Mitschnitt aus San Francisco mit Shirley Verrett und Plácido Domingo.
Die erste Aufführung der Oper unter dem von Meyerbeer vorgesehenen Titel Vasco da Gama fand nach der von allen Zusätzen Fétis' gereinigten kritischen Ausgabe der Partitur (Ricordi) erst 2013 in Chemnitz statt.



↑DA CAPO