Cavalleria rusticana
Pietro Mascagni (Rom, 1890)
PERSONEN
Santuzza, eine junge Bäuerin (Sopran) – Turiddu, ein junger Bauer (Tenor) – Lucia, seine Mutter (Alt) – Alfio, ein Fuhrmann (Bari- ton) – Lola, seine Frau (Mezzosopran)Sizilien um 1880
Vorgeschichte:
Das Eifersuchtsspiel dreht sich um Lola. Sie war Turiddu versprochen, hat aber während seines Militärdienstes den Fuhrmann Alfio geheiratet.
Turiddus neue Geliebte Santuzza muß nun erleben, daß er sich während der langen Abwesenheiten Alfios heimlich wieder mit Lola trifft.
DIE HANDLUNG
Ostersonntag. Bei Tagesanbruch singt Turiddu ein Ständchen für Lola.
Siciliana. O Lola, ch'hai di latti la cammisa
Santuzza gesteht Turiddus Mutter ihre Liebe. Sie wird mißtrauisch als sie merkt, daß die Mutter glaubt, ihr Sohn sei in Francofonte, um Wein zu kaufen.Alfio kehrt von einer Reise zurück, schwärmt vom Glück erfolgreicher Arbeit und der Treue seiner Frau.
Il cavallo scalpita
Santuzza klagt Mutter Lucia, Turiddu sei wieder Lola verfallen.Voi lo sapete
Als Turiddu wohlgelaunt erscheint, stellt sie ihn zur Rede. Er droht ihr, sie zu verlassen, wenn sie ihn noch länger mit ihrer Eifersucht quält. Da erscheint Lola, ein Lied trällernd.Fior di giaggiolo
Santuzza will Turiddu zurückhalten.No, no, Turiddu, rimani, rimani ancora
Doch Turiddu stößt sie von sich. Santuzza verflucht ihn -- und verrät Alfio, was sich hinter seinem Rücken ereignet.Alfio schwört Rache.
Intermezzo sinfonico
Nach dem Ostergottesdienst finden sich die Männer in Lucias Taverne. Turiddu stimmt das Trinklied an.Viva il vino spumeggiante
Alfio weist den Wein ab. Turiddu versteht - und nimmt die Herausforderung an, indem er Alfio ins Ohr beißt.Beim Abschied bittet er seine Mutter, sich um Santuzza zu kümmern.
Mamma, quel vino e generoso
Hinter der Szene findet der Zweikampf statt. Aus der Ferne gellt der entsetzte Ruf: »Turiddu ist tot.«Das Werk
So »sizilianisch« wie man gern vermutet, ist die Vorlage zu Mascagnis Oper nicht: Die Novelle Cavalleria rusticana von
Giovanni Verga (1840–1922) geht auf eine Schwarzwälder Dorfgeschichte von Berthold Auerbach zurück. Freilich, schon die literarische Anverwandlung bietet das unverwechselbare südliche Kolorit. Und Mascagnis Musik verstärkt diese »Colueur locale« noch zusätzlich. Verga selbst erkannte das dramatische Potential und macht aus seinem Text ein Theaterstück für die große Tragödin Eleonora Duse.
In dieser Form hat Mascagni während seiner Mailänder Studienjahre den Stoff kennengelernt. Als er dem Aufruf des Verlegers Sonzogno zu einem Opernwettbewerb folgte, erinnerte er sich des Stücks und bat seinen Schulfreund Giovanni Targioni-Tozzetti, daraus ein Libretto zu formen. Guido Menasci arbeitete mit und Giovannino de Zerbi steuerte für Turiddus Siciliana Verse in sizilianianischem Dialekt bei. Die Partitur war im Mai 1889 vollendet. Das war zwar formell zu spät für den Mailander Kompositionswettbewerb - doch die Qualität der Musik überzeugte die Jury. Mascagni erhielt trotz der Fritsüberschreitung einen der drei Preise (zum Glück, denn die anderen Preisträger hießen Niccolò Spinelli und Vincenzo Ferrari - und sind vergessen).
Die
Uraufführung verlief triumphal. Zwei Jahre danach kam - ebenfalls in Mailand - Leoncavallos Bajazzo zur Uraufführung. Seither sind die beiden Kurz-Opern zu einem abendfüllenden, nahezu untrennbaren Opern-Zwilling vereint.
Beide Werke markieren den Höhepunkt der Bemühungen um musikalischen »Naturalismus« und gelten daher als Musterbeispiele für den sogenannten »Verismo«, für den die knallharte, ganz ohne die in der Oper gewohnten Umwege über lyrische Seitenpfade auskommende Artikulation von Gefühlen und Befindlichkeiten. Eine Nummer wie Turiddus, von der Harfe begleitete Siciliana erklingt bestenfalls als Stimmungs-Musik - und hinter der Szene. Andere Nummern erfüllen wie Alfios Auftritts-Lied oder Turiddus Trinklied ihre klare Funktion im dramaturgischen Ablauf.
Die altgewohnten Rezitative sind ersetzt durch aufgewühlte Seelenprotokolle in den drei Duett-Szenen Santuzza: Im Dialog mit Mamma Lucia, Turiddu und Alfio vollzieht sich die Handlung, vom Orchester bewußt mit entsprechend unbehauen rohem Klang angefeuert.
Der Chor sorgt wie das zarte Intermezzo sinfonico musikalische Stimmungsmalerei - eine Art tönendes Bühnenbild.