Osud (»Schicksal«)
Leoš Janáček
Grausam autobiographisch konnotiertes Bekenntnis-Werk.
Entstanden zwischen Jenufa und den eigenwilligen Ausflügen des Herrn Brouček, war Osud Janáček viertes Musiktheaterwerk. Nicht einmal in seiner mährischen Heimat wurde diese Oper heimisch. Und doch enthält sie aufregende Musik!
Die autobiographisch angehauchte, drastische Handlung, die der Komponist selbst skizziert hat, war von jeher der Stolperstein für einen breiten Erfolg. Vielleicht war dieses Stück doch ein wenig zu pserönlich, zu intim, als daß es allgemein hätte Anklang finden können.
Erzählt wird die Geschichte des Komponisten Zivny (der Name spielt auf das tschechische Wort für »Leben« an). Er trifft im Trubel eines Badeorts Mila wieder, die in jungen Jahren von ihm einst ein Kind geboren hat, aber von ihrer Mutter daran gehindert wurde, die Beziehung fortzuführen. Mila ist immer noch schön; die alten Gefühle werden in unbeschwerter sommerlicher Atmosphäre wieder wach. Diesmal wird geheiratet - doch die Mutter packt das blanke Entsetzen: Sie stürzt sich vom Balkon ihres Hauses in die Tiefe - und reißt Mila mit sich.
ZIfny bleibt allein zurück, macht Karriere, wird Direktor des Konservatoriums - und komponiert eine Oper, deren Inhalt von den Studenten heiß diskutiert wird. Während eines Gewitters, mitten in das Bekenntnis der autobiographischen Wahrhaftigkeit seines Werks, tötet ein jäher Blitzschlag den Komponisten.
Janáčeks Musik ist so energetisch puslierend wie in allen seinen Musikdramen. Und auch wenn der dramaturgische Ablauf dieser zeitlich allzu knapp gehaltenen Tragödie nicht gerade brillant konstruiert ist: Der jähe Absturz aus der bunt-pulsierenden Atmosphäre des Eingangsbilds in die düstere Tragik der Haupthandlung ist von beeindruckender Kraft.
Der Livemitschnitt aus der English National Opera ist dank des Dirigats von Charles Mackerras die packendste Aufnahme im Katalog - obwohl Englisch gesungen wird. Oder vielleicht sogar deshalb: Man versteht großteils, was vor sich geht!