Venus und Adonis

Libretto: Hans-Ulrich Treichel
Uraufführung: München, 197

Sein Werk sollte »ein modernes Traktat über die Liebe, die Liebe zweier alternder Menschen zu einem eben heranwachsenden Jüngling, einem Knaben« werden. Henze fühlte in Treichels Text »große Ströme von Emotionen, die die Menschen zwar wahrscheinlich immer gekannt haben, die sich aber womöglich jetzt, in unserer Zeit, anders darstellen.«

Diese Emotionsströme versuchte er musikalisch zu kanalisieren:
Das fängt beim Klanglichen an. Und ich versuche – das hat mich als Aufgabe interessiert – eine Musik von heute in ihrer ganzen Vehemenz (und auch in ihrem ganzen Anspruch) auf der Basis eines allgemein bekannten Stoffes und mit Hilfe eines ganz einfachen, klassischen Form-Vehikels auszutragen.


Der Librettist
hatte den »allgemein bekannten Stoff« allegorisch in eine Handlung gepackt, die auf dem Theater spielt und Venus, Mars und den schönen Adonis als Protagonisten einer Opernaufführung zeigt.

Die »klassischen Form-Vehikel«, von denen der Komponist spricht, entpuppen sich als abwechselnde Folge von kommentierenden A-Cappella-Madrigalen im Neo-Renaissance-Stil und Tänzen, die zuweilen - vor allem in ihrem rhythmischen Puls - an lateinamerikanische Vorbilder erinnern. Die effektvollen Tänze hat Henze in einer Instrumental-Variante als Sieben Boleros für Orchester dem Konzertgebrauch zugeführt.

Die Handlung

Probe zu einer Theateraufführung: Man gibt ein Stück über das Werben des Kriegsgottes Mars um Venus, die wiederum von ihrem jungen Geliebten Adonis schwärmt. Die Auseinandersetzungen zwischen der Primadonna, dem Heldendbariton um den jungen Tenor Clemente tragen zwischendurch höchst komödiantisches Gepräge. Die Grenzen zwischen mythologischer Erzählung und Kolportage aktueller privater Konflikte verschwimmen: Clemente liebt die Primadonna, Mars begehrt Venus - der Bariton ersticht den Nebenbuhler in jenem Moment, in dem Adonis vom wilden Eber erlegt wird. Die Apotheose verschmilzt Clemente mit der Figur, die er darzustellen hatte: Adonis wird zum Gesang der Hirten auf den Planeten Venus entrückt.

Die Sieben Boleros, die Henze für den Konzertgebrauch arrangiert hat, spiegeln die Handlung und deren Charaktere:

  • I.    Die Jähzornige
  • II.   Ein Lobgesang
  • III.  Erwartung
  • IV.  Der Königspfau
  • V.    Hochmut
  • VI.   Schmerz
  • VII. Tanz der Königin von Arabien

  • Aufnahme

    Die sieben Boleros hat der Dirigent der Münchner Uraufführung, Markus Stenz, mit dem Kölner Gürzenich Orchester für Oehms Classics eingespielt.


    ↑DA CAPO