La fedeltà premiata

Joseph Haydn

(1975, Philips)

Erstaufnahme unter Antal Dorati mit Ileana Cotrubas, Luigi Alva und Frederica von Stade

Uraufführung: 1781 Schloß Eszterháza

Libretto: Giovanni Battista Lorenzi

BESETZUNG

Celia, mit richtigem Namen Fillide, Geliebte Filenos (Sopran) – Fileno, Liebhaber Fillides (Tenor) – Amaranta, eine eitle und arrogante Dame (Sopran) – Perrucchetto, ein Graf von überspanntem Charakter (Bariton) – Nerina, eine Nymphe, unstet in der Liebe, verliebt in Lindoro (Sopran) – Lindoro, Amarantas Bruder, zunächst verliebt in Nerina, dann in Celia (Tenor) – Melibeo, Priester des Diana-Tempels, verliebt in Amaranta (Baß) – Diana (Sopran)

Bei Cumae in Kampanien, zur Sagenzeit.



HANDLUNG

1. Akt
Diana hat ein Gebot erlassen, demzufolge alljährlich das glücklichste Liebespaar geopfert werden muß, um das große Seeungeheuer gütlich zu stimmen. Erst wenn sich eine große Seele freiwillig hingibt, wird die Stadt von diesem Bann erlöst sein.

Melibeo ist der Überzeugung, er als Diana-Priester sei von dem Gebot ausgenommen. Amaranta geht zum Schein auf sein Werben ein, nimmt ihm aber das Versprechen ab, er müsse ihrem Bruder Lindoro die Zuneigung Celias sichern.

Doch auch Graf Perrucchetto hat ein Auge auf Amaranta geworfen - und stößt augenscheinlich auf Gegenliebe.

Fileno und Nerina klagen einander ihr Leid: Lindoro ist Nerina untreu geworden, Fileno wiederum hat seine Braut Fillide durch einen Schlangenbiß verloren. Fileno ahnt nicht, daß Fillide überlebt hat und unter dem Namen Celia nach ihm sucht.

Die beiden finden zusammen, fürchten aber, der eifersüchtige Lindoro könnte sie an Melibeo verraten. Dann wären sie das ideale Paar, um geopfert werden. Celia verstellt sich so gut, daß Fileno sie wirklich für untreu hält. Melibeo durchschaut aber die Schaustellerei und stellt das Mädchen vor die Entscheidung: Entweder sie heiratet Lindoro, oder sie wird mit Fileno geopfert. Vorsorglich läßt er Fileno verhaften. Im allgemeinen Aufruhr wird Celia von einer Gruppe frecher Satyrn entführt.

2. Akt
Fileno wird von Nerina befreit. Melibeo redet dem Mädchen zu, weiter um Fileno zu werben. Er soll sich von Celia abwenden. Melibeo sieht seine Chancen bei Amaranta schwinden, die sich mit Perrucchetto versöhnt hat.

Doch Fileno will sich das Leben nehmen. Er schnitzt einen Abschiedsgruß in einen Baum. Celia findet die Botschaft und macht sich auf die Suche. Melibeo, der die beiden beobachtet hat, lockt Nerina und den Grafen hinzu. Vor den Zeugen Amaranta, Lindoro und Fileno bezeichnet er Celia und den Grafen als zu pferndes Liebespaar.

3. Akt
Celia kann Fileno nicht von ihrer Unschuld überzeugen.

Amaranta und Perrucchetto nehmen Abschied.

Zwar wird Melibeos Intrige aufgedeckt, doch der Priester ist nicht von seinem Vorhaben abzubringen. Erst als Celia und Perrucchetto dem Meersungeheuer vorgeworfen werden sollen, stürzt sich Fileno als freiwilliges Opfer in die See.

Damit aber ist Dianas Prophezieung erfüllt. Die Göttin selbst erscheint, Melibeo zu richten und die Liebenden zu vereinen. Drei glückliche Paare singen den Schlußgesang.



La fedeltà premiata war die Festoper zur Wiedereröffnung des Schloßtheaters in Esterháza, das im November 1779 abgebrannt war. Der fürstliche Hausdramaturg Pietro Travaglia erklärte sich außerstande, in der geforderten Geschwindigkeit ein neues Libretto zu dichten. Daher mußte Haydn das ferstige Textbuch Giambattista Lorenzis übernehmen, das 1779 Domenico Cimarosa als L'infedeltà fedelevertont hatte.

Nach Cimarosas Vorbild

Haydn, der Cimarosas Werk kannte, ließ den Text jedoch kräftig bearbeiten. Wegen Besetungsproblemen mußten zwei weibliche Figuren zu einer verschmolzen werden. Außerdem schwächte man einige besonders derbe Passagen im neapolitanischen Dialekt ab.

Haydns erste »Semiseria«

Für Haydn war es die erste groß angelegte Semiseria-Oper im Gewand der zeittypischen Schäferidylle. Der hohe Anteil an Chor- und Ensembleszenen und die großzügigen Arien, die durch orchesterbegleitete Rezitative eingeleitet werden, markieren die neue stilistische Orientierung ebenso wie die architektonisch breit angelegten Finali von Akt 1 und 2. Erstmals versucht sich Haydn an den wenig später von Mozart zur Hochblüte geführten »Kettenfinali«. Finale I erstreckt sich über 822, Finale II über 506 Takte!

Die Symphonie »La Chasse«

Die übliche Mehrfachverwertung fand die Ouvertüre, die als Finale in die Symphonie La Chasse, Hob. I/73 Eingang fand.

Die Kantate »Ah, come il core«

Den Festcharakter der Partitur unterstreicht die großzügige Orchestrierung, die zu ungewöhnlichen Kombinationen führt. So wird Celias Arie Deh socorri un'infelice von drei Hörnern begleitet. Großartige Stimmungsmalerei prägt die Celias »Ombra-Szene« Ah come il core, die als Kantate für den Konzertgebrauch 1782 gesondert veröffentlicht wurde.

La fedeltà premiata galt als Haydns erfolgreichste Oper neben Armida. Der Komponist selbst war sich im klaren, mit dieser Partitur eine besondere Leistung erbracht zu haben und schrieb an seinen Verleger:

ich versichere, dass dergleichen arbeith in Paris noch nicht ist gehört worden: und vielleicht eben so wenig in Wienn

Für die Wiederaufnahme, ein Jahr nach der Uraufführung, legte Haydn die Tessitura der Primadonnenrolle Celia vom Mezzo- ins Sopranregister und transponierte die Partie des Grafen von der Baß- in die Tenorlage.

Vorbildwirkung für Mozart

1784 konnte Mozart das Werk anläßlich der Wien Erstaufführung - in einer deutschen Übersetzung von Emanuel Schikaneder - kennenlernen. Haydn-Forscher H. C. Robbins Landon erkannte deutliche Parallelen in Haydns Finalkonstruktionen mit entsprechenden Passagen in Mozarts 1790 komponierter Così fan tutte.

Wiederentdeckung

Nach der Edition durch Robbins Landon im Rahmen der Gesamtausgabe, erlebte La fedeltà premiata 1970 ihre Wiedererweckung beim Holland-Festival in Amsterdam.

↑ DA CAPO