Die Perlenfischer

Georges Bizet

Das Stück liegt in einer exzellenten Einspielung aus dem Jahr 2018 durch ein junges Sängerensemble vor, das von der brillanten Julie Fuchs angeführt wird.


Die Sänger demonstrieren hier das Stilgefühl, das die zeitgenössische Gesangsausbildung offenbar im Gefolge der Originalklangbewegung wieder fördert.
Bei den Versuchen, das Stück in der jüngeren Vergangenheit wiederzubelben, war davon noch nichts zu bemerken.

Die Wiener Volksoper wagte sich an die Perlenfischern erstmals anno 1994 - die Produktion fand geteilte Aufnahme.

Rezension vom 28. Februar 1994

Georges Bizets Jugendwerk, kennt man hierzulande nur fragmentarisch aus dem Opernkonzert. Die Volksoper spaltete mit der Wiener Erstaufführung das Publikum.

Bizet, verschaukelt

Viel Zustimmung gab's für die Sänger. Von David Kuebler wußte man ja spätestens seit seinem Bregenzer Berlioz-Faust, daß er mit den Höhenjagden französischen Stils souverän zurecht kommt. Jean Luc Chaignaud singt seinen baritonalen Gegenspieler nicht ganz so beherrscht in der Linienführung, punktet aber dank seines angenehmen Timbres. Im berühmten Duett harmonieren die Stimmen in ihrer Gradlinigkeit sehr gut.

Edith Lienbacher war der präzise Gegenpol zu Janusz Monarchas ebenso unprofiliertem wie unsauber intonierendem Oberpriester. Sie gab der von den beiden Freunden umworbenen und diese entsprechend aus ihrem Männerbund-Konzept bringenden jungen Dame bezauberndes Profil optisch wie akustisch. Die geforderten Koloraturen gelingen ihr blitzsauber. Bei aller vokalen Leichtigkeit ist ihr Gesang aber doch reich an Schattierungen: Sorge, Schmerz, Hoffnung werden berührend fühlbar.

Das ist auch höchst notwendig, denn Regisseur Torsten Fischer hat sich von Herbert Schäfer ein neutrales, in hohen Wänden monochromes, karges Bühnenbild hinbauen lassen; allem Orientalismus zum Trotz, dem Bizets melodienselige und harmonisch erfindungsreiche Partitur des öfteren huldigt.

Das wäre zwar eine Chance, die Dreiecks-Geschichte zeitlos zu erzählen. Fischer aber zwingt lediglich den - übrigens hin und wieder atemberaubend falsch singenden - Chor und die Statisterie zu gruppentherapeuthischen Bodenübungen und hat auch für die Personenführung keine zwingenden Lösungen anzubieten.

Statt dessen verbannt er die Sopranistin auf eine Schaukel. Ihr Liebhaber erscheint auf einer Hängebrücke und turnt sich zu seiner Angebeteten in die Höhe. Irgendwie hängen plötzlich alle in den Seilen und pendeln zur Musik. Nicht ganz im Takt.

Kein Wunder, daß sich da auch ein Teil des Publikums verschaukelt vorkommt. Die notorische dramaturgische Schwäche der Perlenfischer wird hier jedenfalls ultimativ unter Beweis gestellt.
Die herrliche Musik aber nützen die Sänger für sich. Daran vermag nicht einmal das Volksopernorchester unter John Neschling viel zu ändern, obwohl es mühsam hervorgezauberte, zarte Stimmungen regelmäßig mit unsensiblen Tönen aus den eigenen Reihen zunichte macht.

↑DA CAPO