Beatrice et Benedict
von Hector Berlioz
Livemitschnitt unter Colin Davis
Jubel an der Staatsoper für eine Rarität von Hector Berlioz. Mit mehr als 20 Solopartien, zum Teil aberwitzig schwer zu singen, eine herkulische Aufgabe.
Sir Colin Davis war sein Leben lang einer der engagiertesten Anwälte für die Musik von Hector Berlioz. Er hat diese Veroperung von Shakespeares Der Widerspenstigen Zähmung sowohl im Studio aufgenommen als auch konzertant in der Londoner Barbican Hall aufgeführt.
Der Mitschnitt dieser Aufführung liegt auf CD vor - akustisch nicht ideal, aber dank der Live-Atmosphäre doch empfehlenswert: Die Ausführenden haben an Shakespeares Figuren und Berlioz' musikalischer Ausgestaltung ihrer Schicksale hörbar ihren Spaß.
Das unterscheidet diesen Mitschnit von Davis' gepflegter Studio-Aufnahme von 1977 mit demselben Orchester (London Symphony), Janet Baker und Robert Tear, die technisch allerdings dank subtiler klanglicher Abstufungen zwischen Solisten und Orchester weit überlegen ist.
Zudem klingt in der jüngeren Aufnahmen die Beatrice Enkelejda Shkosas hie und da bei aller Komödiantik ein wenig schrill. Auch Susan Grittons Hero neigt im Forte dazu, die Töne ihres an sich wohltönenden Mezzos unter Druck zu bilden.
Dafür singt Kenneth Tarver sein »Ah! je vais l’aimer« in perfekter Beherrschung der eigenwilligen französischen Stilistik. Er ist das Ass dieser Live-Aufführung.
Im übrigen bleibt dem Berlioz-Freund nach wie vor die klassische Philips-Aufnahme von 1977, in der auch Jules Bastin als Somarone Buffo-Talent beweist und überdies die originalen Dialoge zumindest stark verkürzt enthalten sind.
Für den verführerisch schönen Gesang von Susan Graham und eine großzügigere Einbindung des gesprochenen Worts lohnt es sich auch, in die gesamtaufnahme unter John Nelsons aus dem jahr 1992 »hineinzuhören». Das Orchester der Opéra de Lyon musiziert seinen Berlioz sogar eloquenter, reicher an Pointen als die Londoner - und Gabriel Bacqiers Somarone schlägt noch Bastin um Längen.