Fra Diavolo
Wie aus einer bedeutenden Oper mit der Zeit ein Dick-und-Doof-Film werden konnte.
Wie bringt man einen Banditen auf die Bühne, der im Gegensatz zu Robin Hood und anderen Bösewichtern mit Herz aus Gold ein skrupelloser Zeitgenosse ist, der nicht davor zurückscheut, ein Mädchen umzubringen, das Zeugin seiner Untaten geworden ist?
Den Fra Diavolo, der sich als Edelmann verkleidet an schöne Frauen herangemacht hat, den gab es wirklich: Er hieß Michele Pezza und war ein brutaler neapolitanischer Guerillero. Alexandre Dumas hat seine Geschichte romantisierend erzählt.
Scribe und Auber haben aus diesen Erzählungen eine Oper gemacht - und die blieb über ein Jahrhundert lang eines der populärsten Beispiele für das Genre der Opéra-Comique.
Dabei sind dem Titelhelden nur eineinhalb dankbare Vokalnummern geschenkt: Abgesehen von seiner Barcarole, die als Erkennungszeichen für seine Kumpane dient, räsoniert der Räuberhauptmann im letzten Akt über das Banditen-Leben - für den Interpreten der berühmtesten Aufnahme der Oper der entscheidende Moment: Nicolai Gedda, im übrigen mehr auf sorgfältige Produktion der schönstmöglichen Tenor-Töne bedacht, also wenig haudegenhaft, entfaltet hier bei der psychologischen Durchleuchtung der Menschen, die ihm begegnet sind, maximale Wirkung.
Thierry Dran wiederum macht aus der Romanze des Offiziers Lorenzo, der auf Jagd nach den Banditen ist, eine gelungene Szene jugendlichen Übermuts.
Mady Mesplé dazu, der Franzosen liebste Operettenheldin, gibt der Zerline Soubrettencharme und ein endlos gehaltenes hohes Es am Ende ihrer
Auch Jane Berbie und Remy Corazza als komisches reisendes Engländer-Pärchen Lady Pamela und Lord Cockburn nehmen es mit den musikalischen Vorgaben Aubers weniger genau als mit den komödiantischen Details, die Scribe vorgibt. Immerhin: So gewinnt die Aufnahme theatralischen Charakter.
In Ermangelung einer besseren Gesamtaufnahmen - jene mit Hans Hopf entstand nicht nur in Dresden, sondern klingt auch stilistisch vergleichsweise recht »sächsisch« - die einzige Lösung, ein charmantes Werk kennenzulernen, das immerhin über viele Jahre Aubers größter Erfolg blieb.
Wie populär die Oper war, läßt sich daran ermesssen, daß das Komiker-Duo Laurel und Hardy einen Film daraus machte, in dem immerhin die Räuberchöre beinah so ausführlich erklingen wie in der Oper.