Nikolai Kapustin
1937 - 2020
Kapustin Back in Japan (triton)
Nikolai Girschewitsch Kapustin kam am 22. November 1937 in der ukrainischen Stadt Nikitowka zur Welt. Klavierspielen hat er von seiner Mutter gelernt - komponiert hat er schon im frühen Teenageralter, als er 13 war, vollendete er eine Klaviersonate. Das Talent blieb nicht unbemerkt Bald durfte Kapustin in Moskau studieren. Auf die Vorbereitungs-Akademie folgte die Aufnahme ins Konservatorium und wurde Schüler des legendären Alexander Goldenweiser. Als Komponist blieb er Autodidakt und näherte sich den formalen und satztechnischen Problemen von der improvisatorischen Seite des Jazz her.
Nochals Konservatoriums-Student gründete er ein Jazz-Quintett und musizierte in Bigbands, unter anderem jener von Oleg Lundstrem, der mit Duke Ellington und Louis Armstrong musiziert hatte. Kapustins Erstes Klavierkonzert, op. 2 entstand für dieses Ensemble.
Später war Kapustin für den Film tätig. Als Mitgdlied des Staatlichen Symphonischen Filmorchesters schrieb er das Klavierkonzert Nr. 2, op. 16. Erst durch den Erfolg dieses Werks in den späten Siebzigerjahren wurde der Sowjetischen Komponistenverband auf ihn aufmerksam.
Längst pflegte Kapustin, der in den Achtzigerjahren nur noch komponierte, einen freien, zwischen Jazzanklängen und klassischer Formgebung virtuos balancierenden Stil, der von kraftvoll puslierenden Rhythmen gekennzeichnet ist. Kapustins Raffinement in der stilistischen Überblendung zeigt sich etwa in seiner Suite im alten Stil, die formal eine charmante Stilübung in barocken Tänzen ist, inhaltlich aber des öfteren wie eine freie Jazz-Improvisation klingt.
Kapustin erklärte seine Eigenart so:
Ich war nie ein Jazzmusiker. Ich habe nie versucht, ein echter Jazzpianist zu sein, aber ich mußte es sein, um des Komponierens willen. Ich interessiere mich gar nicht für das Improvisieren – aber was wäre ein Jazzmusiker ohne Improvisation? Was bei mir nach Improvisation klingt, ist niedergeschrieben und genau fixiert. Dadurch wurde sie viel besser, sie konnte reifen.
Im Zentrum von Kapustins Schaffen steht sein Instrument, das Klavier. 20 Klaviersonaten und sechs Klavierkonzerte hat er geschrieben. Einzelne Solokonzerte aus seiner Feder gibt es aber auch für Violine, Violoncello oder Saxophon. Dank seiner musikalischen Herkunft scheut er sich als einer der wenigen Komponisten auch nicht, Musik für Big Band zu orchestrieren.
Verbreitung fand Kapustins Musik erst in seinen letzten Lebensjahren. Vor der Jahrtausendwende war er ein Geheimtipp unter russischen Jazz-Freunden. Danach förderte das Internet die Popularität und Pianisten vom Rang eines Steven Osborne oder Marc-André Hamelin nachmen CDs auf. Konzertreisen machten den Pianisten-Komponisten in seinen letzten Lebensjahren vor allem in Japan ungemein populär. Das Label Triton hat mittlerweile eine Gesamtaufnahme sämtlicher Klavierwerke vorgelegt.