Heinrich Sutermeister

1910–1995

Giuseppe Verdi und Carl Orff hat er einmal als seine Vorbilder bezeichnet. Eine eigenwillige Standortbestimmung für einen Komponisten des zwanzigsten Jahrhunderts – und ein Bekenntnis, das auch ahnen läßt, wie die jüngere Musikgeschichte über ihn urteilte: Heinrich Sutermeister war ein Unzeitgemäßer. Daß er sein Leben großteils in seiner Heimat, der Schweiz, verbracht hat, ermöglichte ihm gewiß eine ungehinderte Entwicklung, sorgte aber zusätzlich zur »Tendenz« seiner Musik für noch konsequentere Abschottung vom Geschehen der Avantgarde.

Sutermeister stand genau in jener Tradition, die von den doktrinären Verhältnissen nach 1945 konsequent »ausgesperrt« worden war und erst durch die ideologische Sprengkraft der Postmoderne wieder zumindest in den Rang der Diskussionswürdigkeit erhoben wurde. Lehrer wie Hans Pfitzner und Carl Orff standen an der Wiege des Künstlers Heinrich Sutermeister. Und Orff blieb mit seiner archaisierenden Adaption von Dur und Moll lebenslang ein Orientierungspunkt für seinen Schweizer Schüler. Die Tonalität hat Sutermeister nie aufgegeben, nur originell – und verbrämt mit instrumentalem Farbengespür – neu ausgeleuchtet. Das machte seine Musik »verständlich«, für die Vordenker der Moderne aber suspekt. Opern wie Die schwarze Spinne, Die Zauberinsel oder Romeo und Julia erlebten so zahlreiche Aufführungen ohne mit Berührungsängsten konfrontiert zu werden.

Daß die Musik des XX. Jahrhunderts nicht notwendig mit Schockwirkungen und demonstrativer Rätselhaftigkeit einhergehen muß, erwiesen Sutermeisters Kompositionen auch im Konzertsaal, ganz im Sinne von Meistern wie Honegger, Hindemith, Martinu – um nur drei der Großen zu nennen, die Sutermeisters Schicksal teilten: Ein ideologisierter Betrieb, der diktierte, was modern ist, verhinderte zwar nicht Erfolge, aber die Akzeptanz in den feuilletonistischen und wissenschaftlichen Kolumnen. Immerhin reichte seine Schaffenskraft aus, um nicht nur das Publikum zu überzeugen, sondern auch politische Würdenträger: Heinrich Sutermeister, emeritierter Kompositionsprofessor der Stadt Hamburg, starb 85jährig, hochdekoriert und -geehrt.
Ob die Zeitläufte sein Werk wieder einmal ins Bewußtsein einer hellhöriger gewordenen Öffentlichkeit schwemmen?


Das rührige Label → Toccata Classics hat sich auch im Falle Sutermeisters um Erweiterung des Repertoires bemüht. Eine Suite aus der Oper Romeo und Julia, gekoppelt mit dem Divertimento Nr. 2 und der Suite über schweizerische Volkslieder Die Alpen.. Rundfunkproduktionen gibt es auch von den Opern Die schwarze Spinne und Romeo und Julia, sowie von den beiden großen Chorwerken Sutermeisters, dem Requiem und dem Te Deum.


↑DA CAPO