Robert Starer
Ein Wahlwiener aus Griechenland im Gespräch
24. Dezember 1993
Vom Bleiben im Fremden
Er galt als musikalisches Wunderkind, als er 1938 aus Wien vertrieben wurde. Er ist nie heimgekehrt. Am 8. Jänner 1994 feiert Robert Starer in New York seinen 70. Geburtstag. Ein Gespräch zum Jubiläum.
"Ich bin Amerikaner", meint er im Gespräch mit der "Presse". Und das, obwohl seine Karriere auf typisch wienerische Weise begann. Starer, musikalisch eminent begabt, fand mit dreizehn Jahren Aufnahme in die Wiener Musikakademie und entpuppte sich dort rasch als pianistisches Talent. Der "Anschluß" machte seiner Karriere als Klavierstudent rasch ein Ende.
Starer floh nach Jerusalem, unterbrach seine musikalischen Aktivitäten, um bei der Royal Air Force Kriegsdienst zu absolvieren. Erst nach seiner Ausreise in die Vereinigten Staaten, zwei Jahre nach Beendigung des Zweiten Weltkriegs, nahm er den musikalischen Ausbildungsweg wieder auf.
Vom Pianisten wurde er zum Komponisten. "Geklimpert habe ich schon immer gern auf dem Klavier", erzählt er, "auch wenn das den Studenten der Klavierklasse streng verboten war." Daß das "Klimpern", das Erfinden von eigener Musik am Klaver später sein Hauptberuf werden würde, hat sich der junge Musiker freilich zunächst noch nicht träumen lassen.
"Ich hatte es aber bald satt, als Klavierbegleiter mein Dasein zu fristen", erzählt er weiter. "Außerdem ist mir das ewige Wiederholen von immer denselben Programmen auf die Nerven gegangen". Komponist aus Langeweile also? "Wenn Sie so wollen", antwortet er und lacht verschmitzt.
Das Komponieren hat Starer nicht zuletzt bei Aaron Copland in Tanglewood studiert. Seine Karriere verlief durchaus brillant: William Steinberg, Dimitri Mitropoulos, Leonard Bernstein oder Erich Leinsdorf haben Starers Orchesterwerke uraufgeführt oder Wiederaufführungen dirigiert.
Diese waren dabei von Fall zu Fall durchaus mit sehr unterschiedlicher Musik konfrontiert. Denn Starer liebt es, Anregungen, die er durch fremde Werke empfängt, aufzunehmen und für sich zu verarbeiten. "Wenn ich in irgend einem Stück einen Klang höre, der mich interessiert, versuche ich zu analysieren, wie er zustande kommt und verwende ihn dann. Auf so etwas gibt es ja kein Copyright."
Auch an die Elektronik hat Starer sich gewagt, "als das gerade in Mode gekommen war. Aber auch das hat mich nicht befriedigt. Minimal Music wiederum langweilt mich. Also jedenfalls gehöre ich nicht zu einer bestimmten Richtung. Hab' ich nie gehört. Ich habe immer gemacht, was ich gerade wollte." Auf diese Weise entstand symphonische Musik für die genannten Maestri ebenso wie Ballettmusik für Choreographien von Martha Graham oder Anna Sokolow. "Das waren so Phasen in meinem Leben", meint er heute. Die Tanzphase ist längst abgeschlossen.
Gern schreibt Starer nach wie vor Kompositionen für bestimmte Musiker. "Kammermusik für Itzhak Perlman zum Beispiel. Man geht dann von einer bestimmten Interpretenpersönlichkeit aus", kommentiert Starer, "und geht auf deren Persönlichkeit ein. Ich finde das gar nicht erniedrigend. Im Gegenteil."
An Wien denkt er gern. 1953 war er erstmals wieder in seiner alten Heimat, Ende der fünfziger Jahre sogar zwölf Monate lang. Der Faden aber war abgerissen. Seine Geburtsstadt war für ihn zwar der Ort der ersten Begegnung mit Meisterwerken: "Auf der Akademie haben wir Freikarten bekommen für die Oper und für Konzerte. Davon habe ich regen Gebrauch gemacht." Eindrücke wie die erste Aufführung von Strawinskys "Sacre du Printemps", die er hören durfte, haben ihn für sein Leben geprägt.
Dennoch resümiert er ruhig und scheinbar leidenschaftslos: "Jetzt komme ich nur mehr zu Kurzbesuchen." Seinen 70. Geburtstag wird er am 8. Jänner denn auch in New York feiern. Ein Exil-Wiener, dessen Herkunft seiner Sprache nach wie vor deutlich anzuhören ist, hat eine neue Heimat gefunden.
Und dennoch hat er die alte Heimat mitbedacht, als er 1987 in New York seine Autobiographie herausbrachte: "Continuo" heißt das Buch.
"Ich bin Amerikaner", meint er im Gespräch mit der "Presse". Und das, obwohl seine Karriere auf typisch wienerische Weise begann. Starer, musikalisch eminent begabt, fand mit dreizehn Jahren Aufnahme in die Wiener Musikakademie und entpuppte sich dort rasch als pianistisches Talent. Der "Anschluß" machte seiner Karriere als Klavierstudent rasch ein Ende.
Starer floh nach Jerusalem, unterbrach seine musikalischen Aktivitäten, um bei der Royal Air Force Kriegsdienst zu absolvieren. Erst nach seiner Ausreise in die Vereinigten Staaten, zwei Jahre nach Beendigung des Zweiten Weltkriegs, nahm er den musikalischen Ausbildungsweg wieder auf.
Vom Pianisten wurde er zum Komponisten. "Geklimpert habe ich schon immer gern auf dem Klavier", erzählt er, "auch wenn das den Studenten der Klavierklasse streng verboten war." Daß das "Klimpern", das Erfinden von eigener Musik am Klaver später sein Hauptberuf werden würde, hat sich der junge Musiker freilich zunächst noch nicht träumen lassen.
"Ich hatte es aber bald satt, als Klavierbegleiter mein Dasein zu fristen", erzählt er weiter. "Außerdem ist mir das ewige Wiederholen von immer denselben Programmen auf die Nerven gegangen". Komponist aus Langeweile also? "Wenn Sie so wollen", antwortet er und lacht verschmitzt.
Das Komponieren hat Starer nicht zuletzt bei Aaron Copland in Tanglewood studiert. Seine Karriere verlief durchaus brillant: William Steinberg, Dimitri Mitropoulos, Leonard Bernstein oder Erich Leinsdorf haben Starers Orchesterwerke uraufgeführt oder Wiederaufführungen dirigiert.
Diese waren dabei von Fall zu Fall durchaus mit sehr unterschiedlicher Musik konfrontiert. Denn Starer liebt es, Anregungen, die er durch fremde Werke empfängt, aufzunehmen und für sich zu verarbeiten. "Wenn ich in irgend einem Stück einen Klang höre, der mich interessiert, versuche ich zu analysieren, wie er zustande kommt und verwende ihn dann. Auf so etwas gibt es ja kein Copyright."
Zweimal Zwölfton
So entpuppt sich der Werkkatalog Robert Starers als durchaus bunt und vielfältig, nicht nur im Hinblick auf die Gattungen zwischen Oper und Violinsonate. Er hat gern neue Strömungen beobachtet und zum Teil auch mitgemacht. "Zweimal hatte ich eine Zwölftonphase. Zuerst als ich jung war, dann als Boulez gerade der König der Musikwelt war. Beide Male habe ich versucht, wie das ist mit dieser Sache und mir. Beidemals hat es nicht geklappt."Auch an die Elektronik hat Starer sich gewagt, "als das gerade in Mode gekommen war. Aber auch das hat mich nicht befriedigt. Minimal Music wiederum langweilt mich. Also jedenfalls gehöre ich nicht zu einer bestimmten Richtung. Hab' ich nie gehört. Ich habe immer gemacht, was ich gerade wollte." Auf diese Weise entstand symphonische Musik für die genannten Maestri ebenso wie Ballettmusik für Choreographien von Martha Graham oder Anna Sokolow. "Das waren so Phasen in meinem Leben", meint er heute. Die Tanzphase ist längst abgeschlossen.
Gern schreibt Starer nach wie vor Kompositionen für bestimmte Musiker. "Kammermusik für Itzhak Perlman zum Beispiel. Man geht dann von einer bestimmten Interpretenpersönlichkeit aus", kommentiert Starer, "und geht auf deren Persönlichkeit ein. Ich finde das gar nicht erniedrigend. Im Gegenteil."
An Wien denkt er gern. 1953 war er erstmals wieder in seiner alten Heimat, Ende der fünfziger Jahre sogar zwölf Monate lang. Der Faden aber war abgerissen. Seine Geburtsstadt war für ihn zwar der Ort der ersten Begegnung mit Meisterwerken: "Auf der Akademie haben wir Freikarten bekommen für die Oper und für Konzerte. Davon habe ich regen Gebrauch gemacht." Eindrücke wie die erste Aufführung von Strawinskys "Sacre du Printemps", die er hören durfte, haben ihn für sein Leben geprägt.
Dennoch resümiert er ruhig und scheinbar leidenschaftslos: "Jetzt komme ich nur mehr zu Kurzbesuchen." Seinen 70. Geburtstag wird er am 8. Jänner denn auch in New York feiern. Ein Exil-Wiener, dessen Herkunft seiner Sprache nach wie vor deutlich anzuhören ist, hat eine neue Heimat gefunden.
Und dennoch hat er die alte Heimat mitbedacht, als er 1987 in New York seine Autobiographie herausbrachte: "Continuo" heißt das Buch.