Und sie tanzten einen Tango . . .
Die Faust-Oper Alfred Schnittkes kam in den Sofiensälen zur österreichischen Erstaufführung.
(2001)
Viel Engagement für ein schwächliches Stücklein!
Darf man endlich aufhören, unterschiedslos zu bejubeln, was die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts hervorgebracht hat? Auch wenn es sich um Musik eines prominenten Komponisten handelt?
Viel zu lang hat man unter dem Aspekt „Neue Musik gehört gehört” Quantität vor Qualität gestellt. Hauptsache, es wurde überhaupt Modernes gespielt.
Anläßlich der sympathisch bemühten Aufführung, die das Ensemble der Neuen Oper Wien in den Sofiensälen von Alfred Schnittkes „Historia von D. Johann Fausten” herausgebracht hat, muß jedoch endlich die Frage gestellt werden dürfen, ob man nicht einer Qualitätskontrolle unterziehen sollte, was dem Publikum mit soviel Energie vorgestellt wird.
Gewiß, Schnittke war ein bedeutender Mann, sein symphonisches und kammermusikalisches Schaffen hat dank des bunten Stilgemischs Maßstäbe für die Neubesinnung im Gefolge der Irrungen des Serialismus gesetzt. Dies vorausgeschickt, muß auch gesagt werden dürfen, daß seine letzte Oper dermaßen arm an musikalischen Einfällen und bar jeglicher dramatischen Schlagkraft ist, daß jedes Ensemble, das sich um sie bemühen muß, nur zu bedauern ist.
Der vielbeschworene Gegensatz zwischen moralisierendem Ton und dem Faszinosum des Bösen, wie er aus dem frühneuzeitlichen Faust-Buch, das Schnittke als Vorlage diente, herauszulesen ist, kommt in der Oper überhaupt nicht zum Tragen. Nur ganz zuletzt findet Schnittke zu reißerischer Form, läßt den Tod Faustens zu infernalischen Tango-Rhythmen besingen.
Sonst ist die Musik nie dazu angetan, den Hörer aus der Reserve zu locken. Halbwegs kraftvolle Auftritte absolviert lediglich der Chor, von Walter Kobéra sehr gut geführt. Die Solisten aber müssen sich mit unsanglichen Partien in höchste Höhen (Countertenor Charles Maxwell, Erzähler Manfred Equiluz) oder tiefste Tiefen (der Faust von Christian Rudik) quälen, ohne daß die Kopfstimme einerseits, die heiße Luft andererseits zumindest expressiven Effekt machte.
leiben ein paar Zwischenspiele, in denen das Amadeus Ensemble an die hier verschütteten Möglichkeiten von Schnittkes Ästhetik erinnern darf. Und der Anblick einer weißen Schräge und einiger Projektionen, die Regisseur Günther Mörtl eingefallen sind. Daß das Tanztheater Homunculus zu alledem einige Bewegungsstudien abliefert, wirkt doppelt rätselhaft, aber hörbar applausfördernd